18.10.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 25431

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Urteil13.06.1996Bundesarbeitsgericht2 AZR 736/95
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • ARST 1996, 228Zeitschrift: Arbeitsrecht in Stichworten (ARST), Jahrgang: 1996, Seite: 228
  • AuA 1998, 66Zeitschrift: Arbeit und Arbeitsrecht (AuA), Jahrgang: 1998, Seite: 66
  • BB 1997, 50Zeitschrift: Betriebs-Berater (BB), Jahrgang: 1997, Seite: 50
  • DB 1996, 2135Zeitschrift: Der Betrieb (DB), Jahrgang: 1996, Seite: 2135
  • MDR 1996, 1265Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 1996, Seite: 1265
  • NJW 1997, 610Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1997, Seite: 610
  • NZA 1996, 1154Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 1996, Seite: 1154
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Vorinstanzen:
  • Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil13.12.1994, 7 Ca 8098/94
  • Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil06.09.1995, 2 Sa 18/95
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil13.06.1996

BAG: Arbeitnehmerin nicht zur Mitteilung ihrer Schwangerschaft gegenüber Arbeitgeber verpflichtet§ 15 Abs. 1 des Mutter­schutz­gesetzes beinhaltet keine Offen­ba­rungs­pflicht

Eine Arbeitnehmerin ist nicht verpflichtet ihren Arbeitgeber über ihre Schwangerschaft zu informieren. Die Vorschrift des § 15 Abs. 1 des Mutter­schutz­gesetzes (MuSchG) beinhaltet keine Offen­ba­rungs­pflicht. Sie spricht vielmehr eine Empfehlung aus. Dies hat das Bundes­arbeits­gericht entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Arbeitnehmerin ging am 1. August 1994 auf Hochzeitsreise. Am nächsten Tag ließ ihre Arbeitgeberin eine Kündigung in den Briefkasten der Arbeitnehmerin reinwerfen. Nachdem die Arbeitnehmerin 14 Tage später aus dem Urlaub zurückkam, erfuhr sie von der Kündigung. Da sie zu diesem Zeitpunkt bereits in der 12. Woche schwanger war, zeigte sie ihrer Arbeitgeberin die Schwangerschaft einige Tage später an. Die Arbeitnehmerin hielt die Kündigung nunmehr für unwirksam und erhob Kündi­gungs­schutzklage.

Arbeitsgericht und Landes­a­r­beits­gericht gaben Kündi­gungs­schutzklage statt

Sowohl das Arbeitsgericht Stuttgart als auch das Landes­a­r­beits­gericht Baden-Württemberg gaben der Kündi­gungs­schutzklage statt. Dagegen richtete sich die Revision der Arbeitgeberin. Sie führte an, dass die Arbeitnehmerin nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung die Schwangerschaft mitgeteilt habe. Auf eine unverschuldete Fristversäumnis im Sinne von § 9 Abs. 1 MuSchG (neu: § 17 Abs. 1 MuSchG) habe sie sich nicht berufen dürfen, dass sie bereits vor Urlaubsantritt von ihrer Schwangerschaft wusste und diese somit hätte offenbaren können.

Bundes­a­r­beits­gericht bejaht ebenfalls Unwirksamkeit der Kündigung

Das Bundes­a­r­beits­gericht bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Revision der Arbeitgeberin zurück. Die Kündigung sei gemäß § 9 Abs. 1 MuSchG (neu: § 17 Abs. 1 MuSchG) unzulässig. Zwar habe die Arbeitnehmerin nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung Mitteilung von ihrer Schwangerschaft gemacht. Dies sei aber unschädlich, da die geringfügige Frist­über­schreitung auf einem von der Arbeitnehmerin nicht zu vertretenen Grund beruht und die Arbeitnehmerin die Mitteilung unverzüglich nachgeholt habe. Im Fall einer längeren Urlaubsreise sei eine Arbeitnehmerin nicht gehalten, dem Arbeitgeber vorsorglich vor Urlaubsantritt Mitteilung von einer bevorstehenden Schwangerschaft zu machen.

Unverschuldete Fristversäumnis trotz Kenntnis der Schwangerschaft

Die von der Arbeitgeberin vertretene Meinung, dass eine unverschuldete Fristversäumnis nur vorliegen könne, wenn die Arbeitnehmerin bei Zugang der Kündigung keine Kenntnis von ihrer Schwangerschaft hat, sei nach Auffassung des Bundes­a­r­beits­ge­richts unzutreffend. Die Kenntnis oder Unkenntnis der Arbeitnehmerin von ihrer Schwangerschaft spiele keine Rolle. Es mache keinen Unterschied, ob die Arbeitnehmerin erst während der Zwei-Wochen-Frist von ihrer Schwangerschaft erfährt und aufgrund dessen schuldlos an der rechtzeitigen Mitteilung gehindert war, oder ob sie zwar von Anfang an Kenntnis von ihrer Schwangerschaft hat, an der Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist aber dadurch gehindert war, dass ihr das Kündi­gungs­schreiben während einer Urlaubsreise oder Krankheit an ihrem Wohnort zugeht und sie erst nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist Kenntnis von der Kündigung erlangt.

Keine Pflicht zur Mitteilung der Schwangerschaft

Kein anderes Ergebnis rechtfertige § 5 Abs. 1 MuSchG (neu: § 15 Abs. 1 MuSchG), so das Bundes­a­r­beits­gericht, wonach werdende Mütter dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft mitteilen sollen. Die Vorschrift enthalte keine gesetzlich verbindliche Pflicht der Arbeitnehmerin zur Offenbarung ihres Zustandes. Die Fassung als Sollvorschrift bedeute vielmehr leidglich eine nachdrückliche Empfehlung an die Frau, im eigenen Interesse dem Arbeitgeber ihren Zustand zu offenbaren, sobald sie ihn kennt.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)

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