18.10.2024
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Dokument-Nr. 31786

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Bundesarbeitsgericht Urteil19.05.2022

Keine Unwirksamkeit der Massen­entlassungs­anzeige durch fehlende SollangabenKündigung nicht nach § 134 BGB nichtig

Das Fehlen der sog. Soll-Angaben nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG führt für sich genommen nicht zur Unwirksamkeit einer Massen­entlassungs­anzeige des Arbeitgebers gegenüber der Agentur für Arbeit. Das hat das Bundes­arbeits­gericht entschieden.

Die Beklagte beschäftigte in ihrem Betrieb regelmäßig mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmer. In der Zeit vom 18. Juni bis zum 18. Juli 2019 kündigte sie insgesamt 17 Arbeits­ver­hältnisse. Mit ihrer Klage hat die Klägerin u.a. geltend gemacht, die ihr am 18. Juni 2019 zugegangene Kündigung sei nach § 134 BGB nichtig, weil die Beklagte - als solches unstreitig - nicht zuvor gegenüber der Agentur für Arbeit die Angaben gemäß § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG gemacht habe.

Vorliegen einer Massen­ent­lassung nicht eindeutig geklärt - weitere Feststellungen erforderlich

Die Vorinstanzen haben die Massenentlassungsanzeige der Beklagten für unwirksam gehalten und der Kündigungsschutzklage aus diesem Grund stattgegeben. Die Revision der Beklagten führte vor dem Bundes­a­r­beits­ge­richts zur Aufhebung des Berufungs­urteils und zur Zurück­ver­weisung der Sache an das Landes­a­r­beits­gericht. Aufgrund der bisherigen Feststellungen lässt sich schon nicht beurteilen, ob das Arbeits­ver­hältnis der Klägerin im Rahmen einer Massen­ent­lassung gekündigt wurde. Dazu müsste die Beklagte nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSchG mehr als fünf Arbeitnehmer innerhalb von 30 Kalendertagen entlassen haben. Der Zeitraum vom 18. Juni bis einschließlich 18. Juli 2019 umfasste aber 31 Kalendertage. Zudem ist unklar, wie viele Kündigungen in diesem Zeitraum zugegangen sind.

Kündigung nicht wegen fehlender Angaben nichtig

Dessen ungeachtet ist die streitbefangene Kündigung nicht nach § 134 BGB nichtig, weil die Be-klagte nicht zuvor gegenüber der Agentur für Arbeit die Angaben gemäß § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG gemacht hat. Ein Verstoß gegen letztere Vorschrift führt nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht zur Unwirksamkeit der Massen­ent­las­sungs­anzeige. Über diese gesetz­ge­be­rische Entscheidung dürfen sich die nationalen Gerichte nicht im Wege einer richt­li­ni­en­kon­formen Auslegung hinwegsetzen. Eine solche ist auch nicht geboten. Durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist geklärt, dass die in § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG vorgesehenen Angaben nicht gemäß Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 4 der Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechts­vor­schriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen, geändert durch die Richtlinie (EU) 2015/1794 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 2015, in der Anzeige enthalten sein müssen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/ab)

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