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Dokument-Nr. 32375

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Urteil16.11.2022Bundesarbeitsgericht10 AZR 210/19
Vorinstanz:
  • Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil14.12.2018, 13 Sa 589/18
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil16.11.2022

Urlaubsstunden sind bei Mehr­arbeits­zuschlägen zu berücksichtigenRegelungen zu Mehr­arbeits­zuschlägen dürfen keinen Anreiz für Arbeitnehmende bieten, auf den Jahresurlaub zu verzichten

Für das Erreichen des Schwellenwertes, ab dem nach den Bestimmungen des Mantel­ta­rif­vertrags für die Zeitarbeit ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Mehr­arbeits­zuschläge besteht, sind nicht nur die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden, sondern auch genommene Urlaubsstunden zu berücksichtigen. Dies hat das Bundes­arbeits­gericht entschieden.

Der Kläger war bei der Beklagten als Leiha­r­beit­nehmer in Vollzeit mit einem Brutto­stun­denlohn im Jahr 2017 von 12,18 Euro beschäftigt. Für das Arbeits­ver­hältnis der Parteien galt aufgrund beiderseitiger Organi­sa­ti­o­ns­zu­ge­hö­rigkeit der Manteltarifvertrag für die Zeitarbeit in der Fassung vom 17. September 2013 (MTV). § 4.2.1. MTV* bestimmt, dass Mehrarbeitszuschläge in Höhe von 25 % für Zeiten gezahlt werden, die im jeweiligen Kalendermonat über eine bestimmte Zahl geleisteter Stunden hinausgehen. Im Monat August 2017, auf den 23 Arbeitstage entfielen, arbeitete der Kläger 121,75 Stunden und nahm 10 Tage Urlaub in Anspruch, die die Beklagte mit 84,7 Stunden abrechnete. Mehra­r­beits­zu­schläge leistete sie für diesen Monat nicht.

Vorab­ent­schei­dungs­er­suchen an EuGH

Der Kläger verlangt mit seiner Klage Mehra­r­beits­zu­schläge für die über 184 Stunden hinausgehenden Stunden und meint, die für den Urlaub abgerechneten Stunden seien einzubeziehen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Auf ein Vorab­ent­schei­dungs­er­suchen des Bundes­a­r­beits­ge­richts hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass das Unionsrecht (Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG**) einer tariflichen Regelung entgegensteht, nach der für die Berechnung, ob und für wie viele Stunden einem Arbeitnehmer Mehra­r­beits­zu­schläge zustehen, nur die tatsächlich gearbeiteten Stunden berücksichtigt werden, nicht aber die Stunden, in denen der Arbeitnehmer seinen bezahlten Jahresurlaub in Anspruch nimmt.

Arbeitnehmer darf nicht von Inanspruchnahme seines gesetzlichen Mindesturlaubs abgehalten werden

Die Revision des Klägers hatte unter Zugrundelegung dieser Entscheidung vor dem Bundes­a­r­beits­gericht Erfolg. Die tarifliche Regelung des § 4.2.1 MTV muss bei geset­zes­kon­former Auslegung so verstanden werden, dass bei der Berechnung von Mehra­r­beits­zu­schlägen nicht nur tatsächlich geleistete Stunden, sondern auch Urlaubsstunden bei der Frage mitzählen, ob der Schwellenwert, ab dem solche Zuschläge zu zahlen sind, überschritten wurde. Anderenfalls wäre die Regelung geeignet, den Arbeitnehmer von der Inanspruchnahme seines gesetzlichen Mindesturlaubs abzuhalten, was mit § 1 BUrlG*** in seinem unions­rechts­kon­formen Verständnis nicht vereinbar wäre.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/ab)

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