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Arbeitsgericht Hagen Urteil16.05.2012

Kündigung des Arbeits­ver­hält­nisses aufgrund grober Beleidigungen des Vorgesetzten des Arbeitnehmers auf Facebook gerechtfertigtFacebook-Pinnwand gehört nicht zum Privatbereich

Beleidigt ein Arbeitnehmer auf seiner Pinnwand bei Facebook seinen Vorgesetzten grob, so berechtigt dies den Arbeitgeber zur jedenfalls ordentlichen Kündigung des Arbeits­ver­hält­nisses. Dies hat das Arbeitsgericht Hagen entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall stritten die Parteien über die Wirksamkeit einer Kündigung des Klägers. Der Kläger beleidigte über seine Facebook-Pinnwand seinen Vorgesetzten. Dabei verwendete er folgende Formulierungen: "scheiss", "kleinen scheisshaufen", "faules schwein der noch nie gearbeitet hat in seinem scheissleben", "drecksau" und "doofmann". Sämtliche "Freunde" des Klägers und dessen "Freunde" hatten Zugriff auf die Pinnwand-Eintragungen. 36 der "Freunde" des Klägers waren Mitarbeiter der Beklagten. Die Beklagte kündigte daraufhin den Kläger außerordentlich und hilfsweise ordentlich. Der Kläger meinte, die Äußerungen seien im privaten Bereich getätigt worden und können daher eine Kündigung nicht rechtfertigen.

Außer­or­dentliche Kündigung nicht möglich

Das Arbeitsgericht Hagen entschied, dass eine außer­or­dentliche Kündigung des Arbeits­ver­hält­nisses nicht möglich war. Es lag zwar grundsätzlich ein Sachverhalt vor, der geeignet war einen wichtigen Grund für den Kündi­gungs­aus­spruch zu ergeben. Jedoch war die fristlose Kündigung aus Gründen der Inter­es­se­n­ab­wägung und des Verhält­nis­mä­ßig­keits­grund­satzes nicht angemessen und daher unwirksam.

Grobe Beleidigungen stellen wichtigen Grund dar

Das Arbeitsgericht führte aus, dass grobe Beleidigungen insbesondere des Arbeitgebers oder seiner Vertreter, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten, einen erheblichen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Pflichten aus dem Arbeits­ver­hältnis bedeuten und eine außer­or­dentliche Kündigung ohne vorhergehende Abmahnung rechtfertigen können. Dagegen können solche Äußerungen unter bestimmten Umständen eine Kündigung dann nicht rechtfertigen, wenn sie in vertraulichen Gesprächen unter Arbeitskollegen getätigt wurden. Denn der Arbeitnehmer ist nicht gehalten nur positiv von seinem Arbeitsgeber und von seinen Kollegen zu denken und sich in seiner Privatsphäre ausschließlich positiv über sie zu äußern. Er darf darauf vertrauen, dass seine Äußerungen nicht nach außen getragen werden und der Betriebsfrieden nicht gestört wird.

Vorliegend hatte der Kläger seinen Vorgesetzten nach Auffassung des Arbeitsgerichts in straf­recht­licher Weise grob beleidigt (§ 185 StGB). Die Kundgabe erfolgte durch das Posten auf der Pinnwand quasi betriebsöffentlich, vergleichbar mit einem Aushang am "Schwarzen Brett". Die Äußerungen wurden daher nicht vertraulich in einer Privatsphäre getätigt. Ein Berufen auf die Meinungs­freiheit (Art. 5 GG) war ebenfalls nicht möglich, da es sich hier um Formal­be­lei­di­gungen und Schmähungen handelte. Ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB lag somit vor.

Außer­or­dentliche Kündigung unangemessen

Jedoch hielt das Arbeitsgericht die fristlose Kündigung aufgrund der durch­zu­füh­renden Interessensabwägung unter Beachtung des ultima-ratio-Prinzips für unangemessen. Zu berücksichtigen war hier, dass der Kläger 52 Jahre alt war, was eine schwierige Vermit­tel­barkeit auf dem Arbeitsmarkt bedeutete, dass er keine abgeschlossene Berufs­aus­bildung hatte und er bereits 31,5 Jahre bei der Beklagten beschäftigt war. Diese Umstände waren so gewichtig, dass der Pflichtverstoß des Arbeitnehmers dahinter zurücktrat.

Ordentliche Kündigung wirksam

Die ausgesprochene ordentliche Kündigung war nach Ansicht des Arbeitsgerichts jedoch wirksam. Denn liegt ein verhal­tens­be­dingter wichtiger Grund für eine außer­or­dentliche Kündigung vor, so rechtfertigt dies erst Recht eine verhal­tens­be­dingte ordentliche Kündigung. Die Beklagte musste wegen der groben Beleidigung des Vorgesetzten auch aus Gründen der Fürsorgepflicht ihm gegenüber eine unbefristete Weiter­be­schäf­tigung des Klägers nicht hinnehmen. Eine Abmahnung vor Kündi­gungs­aus­spruch war daher ebenso nicht erforderlich

Quelle: Arbeitsgericht Hagen, ra-online (vt/rb)

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