23.11.2024
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Arbeitsgericht Leipzig Urteil30.09.2010

Unterschlagung eines für die Biotonne vorgesehenen Brotes durch eine Verkäuferin rechtfertigt keine KündigungVorfall stellt kein Eigentumsdelikt zu Lasten des Arbeitgebers, der zukünftige Zusammenarbeit unzumutbar macht

Die Kündigung einer Verkäuferin der Konsum­ge­nos­sen­schaft wegen Unterschlagung eines für die Entsorgung in der Biotonne vorgesehenen Brotes ist sowohl außerordentlich als auch ordentlich unwirksam. Dies entschied das Arbeitsgericht Leipzig.

Die 44jährige Klägerin des zugrunde liegenden Falls ist seit zirka 27 Jahren bei der Konsum­ge­nos­sen­schaft Leipzig, zuletzt als Kassiererin beschäftigt. Am 15. März 2010 hatte sie unter anderem die Aufgabe, ein nicht mehr verkäufliches Brot in die Biotonne zu entsorgen. Beim Verlassen der Arbeitsstätte und Zuschließen der Verkaufsstelle wurde das Brot in der Tasche der Klägerin vom Arbeitgeber entdeckt. Streitig ist dabei zwischen den Parteien, ob die Klägerin das Brot mitnehmen und für sich selbst verwenden, oder – nach ihrer Darstellung – später in der Biotonne entsorgen wollte.

Vertrau­ens­ver­hältnis zwischen den Parteien nicht vollständig erschüttert

Nach Auffassung des Arbeitsgerichts Leipzig kommt es hierauf jedoch nicht an, da selbst für den Fall, dass das Brot für die Mitnahme bestimmt gewesen sein sollte, jedenfalls das Vertrau­ens­ver­hältnis zwischen den Parteien nicht so beeinträchtigt ist, dass diese künftig nicht mehr vernünftig miteinander arbeiten könnten.

Kündigung hätte aufgrund jahrelanger beanstan­dungs­freier Tätigkeit zunächst Abmahnung vorausgehen müssen

Das Gericht berücksichtigte dabei die erhebliche Dauer des beanstan­dungs­freien Bestandes des Arbeits­ver­hält­nisses (ohne Abmahnung oder dergleichen) und darüber hinaus die Tatsache, dass das Brot zur Entsorgung vorgesehen war und damit – anders als in so genannten Bagatellfällen, wo es um Eigen­tums­delikte zu Lasten des Arbeitgebers geht – keinerlei Wert mehr für den beklagten Arbeitgeber hatte. Das Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit des Arbeitnehmers kann daher mangels konkreter Beein­träch­tigung des Eigentums des Arbeitgebers nicht so erschüttert sein, dass eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar wäre. Dabei ist auch der Grundsatz zu beachten, dass die Kündigung nicht Bestrafung für begangene Handlungen sein soll, sondern zukunftsbezogen zu bewerten ist, dass heißt, es bedarf einer negativen Prognose hinsichtlich der künftigen Zumutbarkeit der weiteren Zusammenarbeit. Da sich die Klägerin hier durch die jahrelange beanstan­dungsfreie Tätigkeit einen nicht unerheblichen Vertrau­ens­vor­schuss erarbeitet hat, hätte es in jedem Fall – sofern der Arbeitgeber auch die Mitnahme von für ihn völlig wertlosen Gegenständen untersagen will – des Ausspruchs eines vorherigen Abmahnung bedurft.

Quelle: Arbeitsgericht Leipzig/ra-online

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