21.11.2024
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Arbeitsgericht Dortmund Urteil10.03.2009

Langjährig angestellter Bäcker kann nicht wegen einmaligen Probierens eines Brotaufstrichs, der nur wenige Cents kostet, gekündigt werdenEin wichtiger Kündigungsgrund liegt zwar vor, aber eine Inter­es­se­n­ab­wägung ist immer erforderlich

Wer seinen Arbeitgeber bestiehlt, kann grundsätzlich auch dann gekündigt werden, wenn der Schaden nur wenige Cent beträgt. Im Einzelfall kann aber die Entlassung unver­hält­nismäßig sein, wenn der betroffene Arbeitnehmer bereits seit Jahren im Betrieb arbeitet und der verursachte Schaden nur gering ist. Dies geht aus einem Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund hervor.

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein seit fast 25 Jahren angestellter Bäcker einen im Betrieb hergestellten Brotbelag (hier: Hirten­fla­denbelag) auf ein zuvor ordnungsgemäß gekauftes Brötchen gestrichen, um ihn zu probieren. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin fristlos und hilfsweise ordnungsgemäß den Bäcker, weil laut einer Arbeits­an­weisung Lebensmittel nicht für den eigenen Verzehr entnommen werden durften. Der Bäcker rechtfertigte die Verköstigung des Brotaufstriches mit einem Vorfall auf dem Betriebsfest, das zwei Wochen zuvor stattgefunden hatte. Auf dem Fest sei bemängelt worden, dass der Hirtenbelag zu scharf und überwürzt sei. Der Arbeitgeber hielt aber seiner Kündigung fest, sodass der Bäcker hiergegen klagte.

Richter bejahen wichtigen Kündigungsgrund

Das Arbeitsgericht Dortmund erklärte die Kündigungen des Arbeitgebers für unwirksam. Es ging in seiner Entscheidung zwar davon aus, dass der Bäcker sich den Brotaufstrich rechtswidrig und schuldhaft angeeignet hatte. Dies stelle einen wichtigen Kündigungsgrund dar, so die Richter. Die Kammer folgte insoweit der Rechtsprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richts wonach auch dann, wenn ein Arbeitnehmer eine im Eigentum des Arbeitgebers stehende Sache von nur sehr geringem Wert rechtswidrig und schuldhaft entwendet hat, ein Sachverhalt vorliegt, der grundsätzlich geeignet ist, eine außer­or­dent­lichen Kündigung zu rechtfertigen. Die fristlose Kündigung des Klägers sei daher nicht bereits deswegen rechtsunwirksam, weil der von ihm verzehrte Brotaufstrich nur einen Wert im Bereich von Cents hatte.

Richter: Inter­es­se­n­ab­wägung erforderlich

Aber auch, wenn ein Verhalten des Arbeitnehmers vorliege, das an sich geeignet sei, einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung abzugeben und auch dann, wenn die Kündigung auf ein Vermögensdelikt zu Lasten des Arbeitgebers gestützt werde, sei noch eine Inter­es­se­n­ab­wägung vorzunehmen und erst das Ergebnis dieser Inter­es­se­n­ab­wägung ergebe, ob das Verhalten des Arbeitnehmers ausreiche, eine außer­or­dentliche Kündigung zu rechtfertigen, führten die Richter weiter aus.

Bestand­s­in­teresse des Arbeitnehmers überwiegt das Beendi­gungs­in­teresse des Arbeitgebers

Die erforderliche Inter­es­se­n­ab­wägung ging im vorliegenden Fall zu Gunsten des Klägers aus. Wenn alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt werden, so überwiege hier das Bestand­s­in­teresse des Arbeitnehmers das Beendi­gungs­in­teresse des Arbeitgebers auch dann, wenn der Kläger den Brötchenbelag nur zum persönlichen Gebrauch verzehrt habe, meinten die Richter. Zu Gunsten des Klägers sei dabei zu berücksichtigen, dass er seit mehr als 24 Jahren bei der Beklagten beschäftigt sei und - wie der Arbeitgeber selbst vorgetragen habe - ihm zuvor im Vertrau­ens­bereich keinerlei Vorwürfe gemacht werden konnten.

Quelle: ra-online (pt)

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