21.11.2024
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Dokument-Nr. 32337

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Arbeitsgericht Berlin Urteil05.09.2022

Kündigung einer Redakteurin wegen Vorwurf antisemitischer Äußerung unwirksamKeine Vertrags­pflicht­verletzung mangels Vertrags­ver­hält­nisses zum Zeitpunkt der Äußerungen

Das Arbeitsgericht Berlin hat die fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung einer Redakteurin des Senders Deutsche Welle für unwirksam erklärt.

Die Deutsche Welle hatte die fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung damit begründet, dass sich die Redakteurin mehrfach israelfeindlich und antisemitisch in anderen Medien geäußert habe. Dies widerspreche den Grundsätzen des Senders, wie sie ausdrücklich in Guidelines und Positi­o­ns­pa­pieren festgehalten seien.

Kündigung unwirksam - Äußerungen erfolgten vor Bestehen des Vertrags­ver­hält­nisses

Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben und den Sender zur Weiter­be­schäf­tigung der Redakteurin verurteilt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, antisemitische Äußerungen könnten ein Grund für eine außer­or­dentliche Kündigung sein. Auch wenn es nicht um Äußerungen im Rahmen der Arbeit für den Sender gehe, könne hierin eine Verletzung von Loyali­täts­pflichten liegen. Soweit es allerdings um Äußerungen gehe, die zu einer Zeit vor Bestehen eines Vertrags­ver­hält­nisses zum Sender erfolgt seien, fehle es mangels bestehenden Vertrages zu dieser Zeit an einer für eine verhal­tens­be­dingte Kündigung erforderlichen Vertrags­pflicht­ver­letzung. Eine perso­nen­be­dingte Kündigung hatte die Beklagte nach Ansicht des Arbeitsgerichts nicht ausgesprochen und dazu auch nicht ihren Personalrat beteiligt.

Kein „Durchschlagen“ als Pflicht­ver­letzung

Auch bei Äußerungen während einer vorherigen Beschäftigung auf Honorarbasis könne nicht ohne weiteres ein „Durchschlagen“ als Pflichtverletzung auf ein späteres Arbeitsverhältnis angenommen werden. Zudem müsse jeweils eine Bewertung der Umstände des Einzelfalls unter Beachtung des Zusammenhangs von Äußerungen erfolgen. Unter Berück­sich­tigung u.a. der Tatsache, dass die Redakteurin sich in einer für die Öffentlichkeit bestimmten Erklärung von früheren Äußerungen distanziert habe und keine Abmahnung vorliege, sei die Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses in Abwägung der beiderseitigen Interessen zumutbar. Im Hinblick hierauf könne keine negative Prognose betreffend ein künftig zu erwartendes Fehlverhaltens gestellt werden. Unabhängig hiervon sei für die außer­or­dentliche Kündigung die Frist von zwei Wochen ab Kenntnis der maßgeblichen Umstände nicht eingehalten. Betreffend die gegenüber der klagenden Redakteurin erhobenen Vorwürfe erschließe sich die Erfor­der­lichkeit der vorherigen zweimonatigen Untersuchung nicht. Gegen das Urteil wurde das Rechtsmittel der Berufung beim Landes­a­r­beits­gericht Berlin-Brandenburg eingelegt.

Quelle: Arbeitsgericht Berlin, ra-online (pm/ab)

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