03.12.2024
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Dokument-Nr. 20458

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Urteil09.05.2014Anwaltsgerichtshof NRW1 AGH 3/14
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 2014, 1335Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2014, Seite: 1335
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Anwaltsgerichtshof NRW Urteil09.05.2014

Anwaltswerbung: Reklamehaftes Anlocken von potentiellen Mandanten durch Flyer stellt unsachliche und damit unzulässige Werbung darAnbieten von Gutscheinen zur kostenlosen anwaltlichen Erstberatung grundsätzlich zulässig

Grundsätzlich ist es zulässig, dass ein Rechtsanwalt eine kostenlose Erstberatung anbietet. Lockt er jedoch potentielle Mandanten reklamehaft an, liegt eine unsachliche und damit unzulässige Werbung vor. Zudem ist eine Werbung irreführend, wenn der Rechtsanwalt aufgrund der Anzahl der zu erwartenden neuen Mandanten nicht in der Lage ist, die Erstberatungen persönlich durchzuführen. Irreführend ist es darüber hinaus, wenn als Blickfang Ausführungen zum Strafrecht gemacht werden und die kostenlose Erstberatung aber für die Gebiete des Arbeits- und Versi­che­rungsrecht angeboten wird. Dies geht aus einer Entscheidung des Anwalts­ge­richtshofs Nordrhein-Westfalen hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall bestand Streit darüber, ob ein Rechtsanwalt Gutscheine für eine kostenlose Erstberatung zum Arbeits- und Versi­che­rungsrecht verteilen durfte. Zur Verbreitung seines Gutscheins nutzte der Anwalt 40.000 Flyer sowie eine Anzeige in einer regionalen Zeitung mit einer Auflage von 85.000 Exemplaren. Der Flyer enthielt auf der Vorderseite mit großen weißen Buchstaben und auf rotem Hintergrund den Text: "Zeigen Sie der Polizei die rote Karte!". Es folgten Ausführungen zum Straf­ver­fah­rensrecht. Erst auf der Rückseite befand sich unter einem Stern­chen­hinweis der Gutschein für die kostenlose Erstberatung.

Werbung mit kostenloser Erstberatung grundsätzlich zulässig

Der Anwalts­ge­richtshof Nordrhein-Westfalen führte zum Fall aus, dass eine Werbung mit einer kostenlosen Erstberatung grundsätzlich zulässig sei. Insbesondere liege darin kein Verstoß gegen das Verbot der Gebüh­ren­un­ter­schreitung (§ 49 b Abs. 1 BRAO). Denn aus der Vorschrift des § 34 RVG ergebe sich, dass der Bereich der außer­ge­richt­lichen Beratung mangels gesetzlicher Gebüh­ren­re­gelung nicht dem Verbot der Gebüh­ren­un­ter­schritung unterliegt. Für die außer­ge­richtliche Beratung gebe es nämlich keine gesetzlichen Gebühren, die unterschritten werden könnten.

Unzulässigkeit der Werbung aufgrund Unsachlichkeit

Die Verteilung der Gutscheine sei aber nach Ansicht des Anwalts­ge­richtshofs als unsachliche und damit unzulässige Werbung anzusehen gewesen. Nach § 43 b BRAO sei einem Rechtsanwalt nur insoweit Werbung gestattet, als sie über die berufliche Tätigkeit sachlich informiert. Gegen das Gebot der Sachlichkeit werde etwa dann verstoßen, wenn die Werbung ein reklamehaftes Anpreisen in den Vordergrund stellt. Dies sei hier der Fall gewesen. Die Vorderseite des Flyers sei als "eye-catcher" gestaltet worden. Die Aufmerksamkeit des Lesers sei auf die Hinweise zum Strafverfahren gelenkt worden. Der Leser sollte durch den plakativen Eindruck der Vorderseite angelockt werden. Erst auf der Rückseite habe sich der Hinweis zur kostenlosen Erstberatung gefunden. Die Werbung sei daher reklamehaft und somit unsachlich gewesen.

Irreführende Werbung aufgrund nicht beabsichtigter persönlicher Beratung

Die Werbung sei nach Auffassung des Anwalts­ge­richtshofs des weiteren irreführend gewesen. Denn einerseits habe der Rechtsanwalt mit einer kostenlosen persönlichen Erstberatung geworben. Andererseits habe er diese angesichts der zu erwartenden neuen Mandanten aus Kapazi­täts­gründen gar nicht durchführen können. Der Rechtsanwalt habe daher von vornherein beabsichtigt, die Beratungen auch von anderen Rechtsanwälten oder Referendaren vornehmen zu lassen. Das Versprechen einer persönlichen Beratung sei aus diesem Grund unseriös und irreführend gewesen.

Irreführende Werbung wegen Ausein­an­der­fallen von Inhalt der Werbung und Reichsgebieten der Erstberatung

Die Werbung sei auch deshalb irreführend gewesen, so der Anwalts­ge­richtshof, weil sich auf dem Flyer plakativ Hinweise zum Strafverfahren befanden und somit der Eindruck entstanden sei, dass es um anwaltliche Dienst­leis­tungen im Zusammenhang mit dem Strafrecht geht. Die Erstberatung habe sich jedoch nur auf die Rechtsgebiete Arbeits- und Versi­che­rungsrecht bezogen.

Quelle: Anwaltsgerichtshof Nordrhein-Westfalen, ra-online (zt/NJW-RR 2014, 1335/rb)

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