Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Rechtsanwalt warb unter anderem auf seiner Homepage mit einer "kostenlosen Erstberatung" sowie einer "kostenlosen Ersteinschätzung". Eine konkurrierende Rechtsanwaltskanzlei sah darin eine wettbewerbswidrige Werbung und klagte auf Unterlassung.
Das Landgericht Essen entschied gegen die Rechtsanwaltskanzlei. Dieser habe kein Anspruch auf Unterlassung gemäß § 8 UWG zugestanden. Denn die Werbung des beklagten Rechtsanwalts sei nicht wettbewerbswidrig gewesen.
Zunächst verneinte das Landgericht einen Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift, welche auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (§ 4 Nr. 11 UWG). Zwar sei es nach § 49 b Abs. 1 Satz 1 BRAO unzulässig, geringere gesetzliche Gebühren zu vereinbaren, als das RVG vorsieht. Für eine außergerichtliche Beratung gebe es aber keine gesetzliche Gebühr. Ein Verstoß gegen § 49 b Abs. 1 Satz 1 BRAO sei daher nicht in Betracht gekommen.
Zudem stelle die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB keine gesetzliche Gebühr dar, so das Landgericht weiter. Denn diese Vorschrift greife nur, wenn keine Vergütungsvereinbarung getroffen wurde. Liegt eine solche hingegen gleich in welcher Höhe vor, so bestehe kein Anspruch auf eine Gebühr nach § 612 Abs. 2 BGB.
Die Vergütung nach § 4 Abs. 1 RVG sei nach Ansicht des Landgerichts ebenfalls keine gesetzliche Gebühr. Denn die Vorschrift setze voraus, dass eine gesetzliche Vergütung besteht, die unterschritten wird. Für die außergerichtliche Beratung gebe es aber keine gesetzliche Vergütung.
Der Unterlassungsanspruch der Rechtsanwaltkanzlei habe sich nach Auffassung des Landgerichts auch nicht daraus ergeben, dass die Entscheidungsfreiheit der potentiellen Mandanten im Sinne von § 4 Nr. 1 UWG beeinträchtigt wurde. Denn ein wettbewerbswidriges Anlocken habe nicht vorgelegen. Die von einem attraktiven Angebot ausgehende Lockwirkung sei für sich genommen nicht wettbewerbswidrig. Vielmehr liege dies in der Natur des Wettbewerbs. Etwas anders könne erst gelten, wenn die Preisgestaltung dazu dient, den Wettbewerber zu verdrängen oder zu vernichten. Dies sei hier aber nicht ersichtlich gewesen.
Die konkurrierende Rechtsanwaltskanzlei sei nach Einschätzung des Landgerichts durch die Werbung des Rechtsanwalts nicht gemäß § 4 Nr. 10 UWG gezielt behindert worden. Vielmehr gehöre es zur Preisgestaltungsfreiheit, den Preis der Mitbewerber zu unterbieten oder sogar Dumpingpreise anzubieten. Zudem sei zu beachten gewesen, dass die kostenlose Erstberatung den Einstieg in ein weitergehendes, Kosten auslösenden Mandatsverhältnis diente. Darüber hinaus habe die kostenlose Erstberatung nur eine Werbemaßnahme unter vielen dargestellt. So sei für die Auswahlentscheidung hinsichtlich der Beauftragung eines Rechtsanwalts ebenso der Ruf des Anwalts, Empfehlungen Dritter oder die Qualifikationen des Anwalts maßgeblich.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.02.2014
Quelle: Landgericht Essen, ra-online (vt/rb)