18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Amtsgericht Frankenthal Urteil28.10.2020

AG Frankenthal zur Anforderungen an das Verhalten bei Einfahrt in Super­ma­rkt­pa­rkplatzHaftungs­ver­teilung von 2/3 zu 1/3 zugunsten des Klägers

Auf Parkplätzen von Einkaufsmärkten gilt das Rücksicht­nah­megebot der Straßen­verkehrs­ordnung aufgrund der ständig wechselnden Verkehrs­si­tua­tionen in besonderem Maße, so dass hier grundsätzlich bei stetiger Brems­be­reit­schaft mit der sehr langsamen Geschwindigkeit eines normal gehenden Fußgängers (4-7 km/h) zu fahren ist.

Die Parteien stritten um Schaden­s­er­satz­ansprüche aus einem Verkehrsunfall aus dem Jahr 2019. Der Kläger fuhr mit seinem Motorroller aus der Benderstraße kommend auf die Mittelspur der zu den Einkaufsmärkten und gehörenden Parkplätze. Zu diesem Zeitpunkt war das Fahrzeug des Beklagten gerade im Begriff, den Parkplatz aus Richtung des links von der Einfahrspur befindlichen Marktes zu verlassen. Als die beiden Fahrzeuge sich näher aufeinander zubewegten, sprang der Kläger von seinem Roller. An diesem entstand hierdurch ein wirtschaft­licher Totalschaden. Zu einem Kontakt zwischen den beiden Fahrzeugen kam es nicht. Der Kläger hat behauptet, das vom Beklagten gesteuerte Fahrzeug habe sich mit überhöhter, unangepasster Geschwindigkeit von mehr als 30 km/h auf ihn zubewegt und sei erst in letzter Sekunde so abgebremst worden, dass es etwa einen halben Meter vor dem Roller zum Stehen gekommen sei. Um sich vor einer bevorstehenden Kollision zu schützen, sei er daher von seinem Roller abgesprungen.

Verstoß gegen Rücksicht­nah­megebot

Das Amtsgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Der Fahrer des beklagten Fahrzeugs habe gegen das Rücksicht­nah­megebot des § 1 Abs. 2 StVO verstoßen. Nach dieser Vorschrift hat sich ein Verkehrs­teil­nehmer so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen vermeidbar behindert oder belästigt wird. Gerade auf Parkplätzen ohne eindeutigen Straßen­cha­rakter ist dieses allgemeine Rücksicht­nah­megebot angesichts der ständig wechselnden Verkehrs­si­tuation im besonderen Maße zu beachten und daher bei stetiger Brems­be­reit­schaft mit Schritt­ge­schwin­digkeit, also der sehr langsamen Geschwindigkeit eines normal gehenden Fußgängers (ca. 4 bis 7 km/h) zu fahren. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stand für das Gericht fest, dass das Verhalten des Fahrzeugs der Beklagtenseite diesen Anforderungen nicht gerecht wurde.

Motorroller-Fahrer trifft Mitverschulden

Beim berührungslosen Unfall sei zudem Voraussetzung für eine Zurechnung, dass sich eine vom Kfz ausgehende Gefahr ausgewirkt haben muss, mithin das Fahrzeug durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrs­be­ein­flussung zur Entstehung des Schadens beigetragen hat. Dies sei hier nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Fall. Durch die Annäherung an den seinerseits den Parkplatz befahrenden Kläger mit unangemessen hoher Geschwindigkeit und damit in einer gegen das Rücksicht­nah­megebot verstoßenden Weise habe der Fahrer des beklagten Fahrzeugs die zur Beschädigung des Rollers führende klägerische Reaktion provoziert. Im Hinblick auf ein dem Kläger zuzurechnendes Mitverschulden, da sich dieser selbst mit einer Annäh­rungs­ge­schwin­digkeit von 15 bis 20 km/h auf den Parkplatz begeben wollte, wurde die Klage teilweise abgewiesen. Nach Auffassung des Gerichts war eine Haftungs­ver­teilung von 2/3 zu 1/3 zugunsten des Klägers angemessen. Der Schädiger hat dem Geschädigten grundsätzlich auch die zur Feststellung der Schadenshöhe entstandenen Gutachterkosten zu ersetzen, wobei Streitigkeiten über die Angemessenheit dieser Kosten nicht auf dem Rücken des Geschädigten auszutragen sind; der Schädiger bzw. die für ihn eintritts­pflichtige Versicherung kann sich vermeintliche Regress­ansprüche wegen mutmaßlich überhöhter Gutachterkosten vielmehr abtreten lassen und selbst gegen den Sachver­ständigen vorgehen.

Quelle: Amtsgericht Frankenthal, ra-online (pm/aw)

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