Amtsgericht Bühl Urteil20.02.2017
"Wilder Streik": Massenhafte unberechtigte Krankmeldungen von Mitarbeitern begründen keinen außergewöhnlichen Umstand für FluggesellschaftWilder Streik nicht vergleichbar mit regulärem von Gewerkschaft organisiertem Streik
Die massenhafte unberechtigte Krankmeldung von Mitarbeitern begründet für eine Fluggesellschaft keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung (VO). Ein solcher "Wilder Streik" ist nicht vergleichbar mit einem regulären, von einer Gewerkschaft organisierten Streik. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Bühl hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall war eine Fluggesellschaft von einer massenhaften unberechtigten Krankmeldung von Mitarbeiterin betroffen. Durch diesen "Wilden Streik" beabsichtigten die Mitarbeiter auf eine Umstrukturierung des Unternehmens Einfluss nehmen zu können. Die Fluggesellschaft vertrat die Meinung, dass ein außergewöhnlicher Umstand vorliege, der zu einer Befreiung von einer Ausgleichsleistung nach Art. 7 VO führe.
"Wilder Streik" kein außergewöhnlicher Umstand
Nach Ansicht des Amtsgerichts Bühl stelle ein Streik nur dann einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne von Art. 5 Abs. 2 VO dar, wenn er weder für das bestreikte Unternehmen noch für dessen streikende Mitarbeiter zumutbar vermieden werden könne. Ein "Wilder Streik" könne jedoch zumutbar verhindert werden.
Zumutbare Verhinderung eines "Wilden Streiks"
Bei einem "Wilden Streik" habe das bestreikte Unternehmen einen rechtlich erheblichen Einfluss, so das Amtsgericht, da er rechtswidrig sei und das Unternehmen gerichtlich gegen die Mitarbeiter und deren Vertretung vorgehen könne. Zudem warf das Gericht der Fluggesellschaft Fehler bei der Kommunikation vor. Denn Unternehmen werden regelmäßig umstrukturiert, ohne dass es dabei zu massenhaften Arbeitsniederlegungen komme. Ein Fehler bei der Kommunikation stelle keinen außergewöhnlichen Umstand dar. Ferner wäre es für die Mitarbeiter zumutbar gewesen, auf die rechtswidrige Arbeitsniederlegung zu verzichten.
Keine Vergleichbarkeit eines "Wilden Streiks" mit regulärem, von Gewerkschaft organisiertem Streik
Das Amtsgericht verkannte zwar nicht, dass der Bundesgerichtshof einen Streik als außergewöhnlichen Umstand ansieht (vgl. BGH, Urt. v. 21.08.2012 - X ZR 138/11 und X ZR 146/11 -). Jedoch beziehe sich die Entscheidung nach Ansicht des Gerichts auf einen regulären Arbeitskampf, der von einer Gewerkschaft ausgerufen werde. So habe der Fall hier nicht gelegen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.07.2017
Quelle: Amtsgericht Bühl, ra-online (zt/RRa 2017, 124/rb)