Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Aufgrund von Mietrückständen wurden den Mietern einer Wohnung im September 2014 gekündigt. Obwohl die Mieter daraufhin die Mietrückstände ausglichen, hielt die Vermieterin an ihrer Kündigung fest. Der Fall kam daher vor Gericht.
Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg hielt zunächst die fristlose Kündigung für unwirksam, da die Mieter die Mietrückstände vor Erhebung einer Räumungsklage ausgeglichen haben (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB).
Nach Auffassung des Amtsgerichts habe die Heilungswirkung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB ebenfalls die ordentliche Kündigung nach § 573 BGB umfasst. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die ordentliche Kündigung auf denselben Sachverhalt gestützt werde, der die fristlose Kündigung begründe. So habe der Fall hier gelegen. Beide Kündigungen haben auf den Mietrückständen beruht. Das Amtsgericht folgte mit seiner Entscheidung nicht der Auffassung des Bundesgerichtshofs, wonach die Heilungswirkung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB nicht auf eine ordentliche Kündigung anwendbar sei (vgl. BGH, Urt. v. 16.02.2005 - VIII ZR 6/04 -).
Das Amtsgericht begründete seine abweichende Auffassung zunächst damit, dass der Wortlaut des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB ebenfalls die ordentliche Kündigung umfasse. Eine Begrenzung nur auf die fristlose Kündigung lasse sich aus ihr nicht entnehmen. Zwar befinde sich die Vorschrift im Regelungszusammenhang mit der fristlosen Kündigung. Die Vorschrift selbst spreche aber nur von der "Kündigung". Die Formulierung beziehe sich somit nicht ausschließlich auf die fristlose Kündigung.
Für unerheblich erachtete das Amtsgericht zudem den Umstand, dass der Gesetzgeber die Vorschrift nicht ausdrücklich auf die ordentliche Kündigung erstreckt habe. Denn es sei zu beachten, dass das Gesetz den Zahlungsverzug als ordentlichen Kündigungsgrund nicht ausdrücklich benenne. Es wäre daher inkonsequent, wenn das Gesetz gleichwohl Einschränkungen vorsehe.
Das Amtsgericht führte weiterhin an, dass die fristlose Kündigung wegen eines Zahlungsverzugs die spezielle Regelung zur ordentlichen Kündigung wegen einer Pflichtverletzung darstelle. Somit müsse jede Regelung zur fristlosen Kündigung auch für die ordentliche Kündigung gelten.
Darüber hinaus ließ das Amtsgericht nicht das Argument gelten, wonach die Gefahr der Obdachlosigkeit im Falle einer ordentlichen Kündigung weniger bestehe als bei einer fristlosen Kündigung, wo die Heilungswirkung eine Obdachlosigkeit vermeiden solle. Denn nach Überzeugung des Amtsgerichts stelle eine ordentliche Kündigung für die meisten Mieter eine ebenso starke Bedrohung dar, wie eine fristlose Kündigung.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.09.2015
Quelle: Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, ra-online (zt/GE 2015, 1105/rb)