In dem zugrunde liegenden Fall befanden sich die Mieter einer Wohnung seit vier Monaten mit ihren Mietzahlungen in Verzug. Hintergrund dessen war, dass das Jobcenter ab November 2013 die Leistungen einstellte. Zwar stellte sich im Nachhinein heraus, dass die Leistungseinstellung durch das Jobcenter rechtswidrig war, dennoch kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis fristlos und hilfsweise ordentlich. Da sich die Mieter weigerten auszuziehen, erhob die Vermieterin im Februar 2014 Klage auf Räumung der Wohnung. Sechs Tage nach Klageerhebung glichen die Mieter die Mietrückstände vollständig aus. Das Amtsgericht Siegburg wies daraufhin die Räumungsklage ab. Dagegen richtete sich die Berufung der Vermieterin.
Das Landgericht Bonn bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung und wies daher die Berufung der Vermieterin zurück. Ein Anspruch auf Räumung der Wohnung habe nicht bestanden, da sowohl die fristlose als auch ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses unwirksam gewesen seien.
Die fristlose Kündigung sei nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB unwirksam gewesen, so das Landgericht, weil die Mieter innerhalb von zwei Monaten nach Erhebung der Räumungsklage die Mietrückstände ausgeglichen haben.
Nach Ansicht des Landgerichts haben zwar die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung wegen schuldhafter Verletzung erheblicher Vertragspflichten nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB vorgelegen. Denn durch die Nichtzahlung der Miete für vier Monate haben die Mieter ihre Vertragspflichten erheblich verletzt. Die Vermieterin habe daher ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses gehabt. Es sei jedoch als rechtsmissbräuchlich anzusehen gewesen, wenn die Vermieterin sich auf die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung habe berufen dürfen.
Wird eine ordentliche Kündigung allein auf einen Zahlungsverzug gestützt, könne sich ein Mieter nach Auffassung des Landgerichts in der Regel auf den Einwand des Rechtsmissbrauchs stützen, wenn die Mietrückstände innerhalb von zwei Monaten nach Erhebung der Räumungsklage vom Mieter ausgeglichen werden oder sich eine öffentliche Stelle zum Ausgleich verpflichtet. Voraussetzung sei aber weiterhin, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es zukünftige erneut zu Zahlungsrückständen kommen wird und der Mieter sonst seine mietvertraglichen Pflichten nicht unerheblich verletzt hat. In diesem Fall gebieten es Treu und Glauben (§ 242 BGB) das Mietverhältnis fortzusetzen. So habe der Fall hier gelegen.
Eine entsprechende Anwendung von § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB in diesen Fällen lehnte das Landgericht ab. Denn Zweck der Vorschrift sei es, in bestimmten Konstellationen eine Obdachlosigkeit des Mieters infolge einer fristlosen Kündigung zu verhindern. Eine solche Gefahr bestehe jedoch angesichts der bei der ordentlichen Kündigung einzuhaltenden Kündigungsfrist nicht oder nicht in gleichem Maße. Zudem fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber habe bewusst die Anwendbarkeit der Vorschrift auf eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen.
Gegen das Urteil des Landgerichts hat die Vermieterin Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.05.2015
Quelle: Landgericht Bonn, ra-online (vt/rb)