Der Entscheidung zum Az. 24 F 172/12 liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Annehmenden (die adoptieren möchten) und die Anzunehmende (die adoptiert werden möchte) sind sämtlichst deutsche Staatsangehörige. Die Annehmenden haben am 26.04.2002 die Lebenspartnerschaft miteinander geschlossen. Die Anzunehmende war bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Pflegekind der Annehmenden. Das Pflegekindschaftsverhältnis bestand jeweils zu beiden Annehmenden. Das Pflegekindschaftsverhältnis hinsichtlich der Anzunehmenden bestand seit dem Jahr 2002. Die Anzunehmende hat während des Bestehens des Pflegekindschaftsverhältnisses im gemeinsamen Haushalt der Annehmenden gelebt und lebt dort auch weiterhin.
Die Beteiligten haben am 18.06.2012 einen Antrag auf Annahme der Anzunehmenden als gemeinsames Kind beider Annehmenden gestellt. Die Annehmenden und die Anzunehmende haben jeweils beantragt, beim Ausspruch der Annahme zu bestimmen, dass sich die Wirkungen der jeweiligen Annahme nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen richten.
Zur Begründung machen die Antragstellerinnen geltend, es sei zwischen ihnen im Laufe der Zeit eine Beziehung entstanden, die in jeder Hinsicht einem Eltern-Kind-Verhältnis entspricht. Die Annahme als Kind durch lediglich eine der beiden Annehmenden würde dem zwischen diesen und der Anzunehmenden jeweils bestehenden Eltern-Kind-Verhältnis nicht gerecht werden.
Das Gericht führte aus, zur Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 11, 80 ff BverfGG verpflichtet zu sein, weil es das aus §§ 1767 Abs. 2, 1741 Abs. 2 BGB und §) Abs. 6 und 7 LPartG folgende Verbot der gemeinsamen Adoption durch Lebenspartner unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG halte.
Rechtsgrundlage für das Begehren der Annehmenden und der Anzunehmenden sei § 1767 i.V.m. § 1772 BGB. Nach § 1767 Abs. 1 BGB könne ein Volljähriger als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt sei. Dies sei insbesondere anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden sei. Diese Voraussetzungen seien hier vorliegend erfüllt, führte das Gericht aus.
Nach § 1772 Abs. 1b BGB könne das Familiengericht beim Ausspruch der Annahme eines Volljährigen auf Antrag des Annehmenden und des Anzunehmenden bestimmen, dass sich die Wirkungen der Annahme nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen richten, wenn der Anzunehmende bereits als Minderjähriger in die Familie des Annehmenden aufgenommen worden sei. Auch diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Dem Begehren auf Annahme als gemeinschaftliches Kind der Annehmenden zu 1.) und 2.) stehe jedoch die über § 1767 Abs. 2 Satz 1 in Bezug genommene Regelung des § 1741 Abs. 2 Satz 1 BGB entgegen. Nach dieser Vorschrift könne, wer nicht verheiratet ist, ein Kind nur allein annehmen. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Regelung sei eine gemeinschaftliche Adoption der Anzunehmenden durch die Annehmenden zu 1.) und 2.) ausgeschlossen. Denn diese seien nicht miteinander verheiratet.
Das Gericht hält § 1741 Abs. 2 Satz 1 BGB und § 9 Abs. 6 und 7 LPartG jedoch für mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar, wenn wie im vorliegenden Fall die Annehmenden in eingetragener Lebenspartnerschaft miteinander leben. Die Frage sie hier im Fall erheblich, weil das Gericht im Falle der Unvereinbarkeit des § 1741 Abs. 2 Satz 1 BGB und der Regelungen in § 9 Abs. 6 und 7 LPartG dem Antrag auf Annahme der Anzunehmenden als gemeinschaftliches Kind der Annehmenden zu 1.) und 2.) stattgeben würde. Das Gericht sei daher zur Vorlage an das BVerfG gem. Art. 100 Abs. 1 GG verpflichtet (§ 80 BVerfGG). Insbesondere handele es sich sowohl bei § 1741 Abs. 2 Satz 1 BGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 02.01.2002, als auch bei § 9 Abs. 6 und 7 LPartG in der Fassung des Gesetzes zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15.12.2004 jeweils um nachkonstitionelle Gesetze.
Nach der Übersetzung des Gerichts verstößt das aus § 1741 Abs. 2 Satz 1 BGB und aus § 9 Abs. 6 und 7 LPartG folgende Verbot der gemeinschaftlichen Adoption durch Lebenspartner angesichts dessen, dass die gemeinschaftliche Adoption durch Ehegatten nach § 1741 Abs. 2 BGB zugelassen und sogar als Regelfall der Annahme durch verheiratete Annehmende vorgesehen ist, gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser verbietet, wesentlich Gleiches ohne sachlich gerechtfertigten Grund ungleich zu behandeln.
Es entspreche ständiger Rechtsprechung des BVerfG, dass eine Norm den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletze, wenn sie eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Zur Begründung einer Ungleichbehandlung von Personengruppen reiche es nicht aus, dass der Normgeber ein seiner Art nach geeignetes Unterscheidungsmerkmal berücksichtigt hat. Vielmehr muss auch für das Maß der Differenzierung ein innerer Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung bestehen, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht anführen lässt (vgl. BVferG, Beschluss v. 07.07.2009 - 1 BvR 1164/07 -
Insbesondere habe das BVerfG festgestellt, dass die Ungleichbehandlung zwischen Personen, die verheiratet sind, und solchen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, einer strengen Prüfung unterliege, da sie das personenbezogene Merkmal der sexuellen Orientierung betreffe und somit erhebliche Unterschiede vorliegen müssten, um eine konkrete Ungleichbehandlung rechtfertigen zu können (vgl. BVferG, Beschluss v. 07.07.2009 - 1 BvR 1164/07 -).
Gemessen an diesen Anforderungen sei die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft bei der gemeinschaftlichen Adoption nicht gerechtfertigt. Das BVerfG habe bereits festgestellt, dass ein genereller Vorgang verschiedengeschlechtlicher Elternschaft gegenüber gleichgeschlechtlicher Elternschaft nicht begründbar sei und insbesondere eine diesbezügliche Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren sei.
Auch der Gesetzgeber sei offenbar der Auffassung, dass nichts generell dagegen spreche, dass Menschen zwei gleichgeschlechtliche Elternteile haben können und/ oder Kinder in einer gleichgeschlichen Partnerschaft aufwachsen. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die gemeinsame Pflegeelternschaft - wie gerade der vorliegende Fall zeige- zweier Lebenspartner zulässig sei, ferner aus der Ermöglichung der Stiefkindadoption durch § 9 Abs. 7 LPartG sowie daraus, dass die Einzeladoption durch Lebenspartner gem. § 1741 Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. 9 Abs. 6 LPartG zulässig sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.03.2013
Quelle: ra-online, AG Schöneberg (vt/pt)