Der Branchenbuchanbieter, der das Internetportal www.Branche123.de betreibt, hatte auf die Bezahlung von 725,90 Euro für ein "Vertragsjahr" geklagt. Das Gericht entschied jedoch, dass der Brancheneintragungsvertrag, auf den sich das Unternehmen berief, nichtig sei. Er verstoße gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, wobei es auf die Auffassung des "anständigen Durchschnittsmenschen" ankomme.
Die Art und Weise der Gestaltung des so genannten Brancheneintragungsantrags lasse nur den Schluss zu, dass die Klägerin beabsichtige, eine Vielzahl der angeschriebenen Personen zu verleiten, das Angebot auf Abschluss des Vertrags ohne Kenntnis der Entgeltlichkeit anzunehmen. Die Klägerin ziele gerade darauf ab, dass ein Teil der Angeschriebenen übersehe, dass es sich um eine entgeltliche Leistung handeln solle. Ein anderer Grund für diese Art der Aufmachung des Formulars sei nicht ersichtlich.
Die Angabe der Kosten befinde sich zwar in einem fett umrandeten Kasten - dort jedoch im Fließtext versteckt. Bei oberflächiger Betrachtung falle die Preisangabe auch deshalb nicht auf, weil die Währungsangabe Euro ausgeschrieben sei und durch einen Zeilenumbruch von der danach folgenden Betragsangabe getrennt sei. Außerdem befinde sich die Angabe mitten in dem - längeren - Text.
Auch verleite der Anfangstext ("Prüfen Sie bitte die Angabe auf ihre Richtigkeit ...") zu der Annahme, dass keine weiteren relevanten Informationen folgen. Hierzu hat auch das Oberlandesgericht Frankfurt mit Urteil vom 04.12.2008, Az. 6 U 187/07 in einem vergleichbaren Fall Stellung genommen.
Das Gericht wertete die Aufmachung des Formulars so, dass die Klägerin offensichtlich darauf aus sei, Argumente für eine Wirksamkeit eines entsprechenden Vertrags in den voraussehbar nachfolgenden Rechtsstreitigkeiten dergestalt vorzubereiten, dass die Preisangabe in einem fett umrandeten Kasten zu finden sei. Ein redlicher Gewerbetreibender würde ein entsprechendes Vertragsformular jedoch nicht in dieser Weise gestalten.
Auch nutze die Klägerin aus, dass ein Teil der angeschriebenen Unternehmen davon ausgehe, dass solche Leistungen im Internet kostenlos angeboten werden, weil sie über Werbeeinnahmen finanziert werden, wie es etwa bei den bekannten Suchmaschinen der Fall sei. Diese Ansicht hat bereits das Landgericht Köln mit Urteil vom 04.07.2007, Az. 9 S 88/07 vertreten. Auch die Bezeichnung des Formulars als "Antrag" führe nicht zwangsläufig zu der Annahme, dass es sich um ein entgeltliches Geschäft handele.
Das Gericht konstatierte, dass die Klägerin planvoll vorgehe und versuche, eine ganz erhebliche Zahl von Empfängern auf diese Art und Weise zu täuschen und auf diese Art und Weise ihren Geschäftsbetrieb betreibe. Ein solches Geschäftsgebaren sei zweifellos sittenwidrig.
Im übrigen könne die angebotene Leistung - die Eintragung in das Internet-Adressregister - getrost als nahezu wertlos betrachtet werden. Diese Leistung gehe nicht über die im Internet ohnehin - kostenlos - angebotenen Leistungen hinaus. Denn die meisten Unternehmen betreiben eine eigene Homepage. Sämtliche Internetnutzer finden diese Homepages durch die gängigen Suchmaschinen wie google und yahoo. Kein Mensch aber verwende das von der Klägerin angebotene Verzeichnis zum Auffinden von etwaigen Unternehmen.
Auf die Brancheneinträge der Klägerin stoße man allenfalls mittelbar durch Treffer bei den gängigen Suchmaschinen. Das sei den Verantwortlichen natürlich bekannt. Es werde somit sogar eine Schädigung der Kunden billigend in Kauf genommen. Deshalb spreche viel dafür, dass vorliegend auch der Tatbestand des Betrugs erfüllt sei. Das könne aber in diesem Verfahren offen bleiben. Jedenfalls liege ein bedingter Vorsatz bezüglich der Schädigung vor, das zweifellos die Sittenwidrigkeit begründe. Die Klägerin könne deshalb aus dem nichtigen Vertrag keinerlei Ansprüche herleiten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 18.07.2011
Quelle: ra-online, Amtsgericht Nürtingen (vt/we).