23.11.2024
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Amtsgericht Neuwied Urteil09.10.2002

Verspätet am Check-In-Schalter eintreffender Flugreisender hat bei verweigertem Check-In keinen Schaden­s­er­satz­an­spruch gegen den Reise­ver­an­stalterFür das pünktliche Eintreffen am Flughafen trägt der Reisende die alleinige Verantwortung

Erreicht ein Reisender den Flughafen nicht rechtzeitig im Rahmen des vorge­schriebenen Zeitfensters von 90 Minuten vor Abflug, so kann ihm das Betreten des Flugzeugs verweigert werden. Der Reise­ver­an­stalter trägt dann keine Verantwortung für die Nichterfüllung des Reisevertrages, da die Organisation der Beförderung zum Flughafen Sache des Reisenden ist, auch wenn das Bahnticket Teil eines Rail & Fly-Angebots ist. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Neuwied hervor.

Im vorliegenden Fall machte die Kundin eines Reise­ver­an­stalters Schadensersatz geltend, da sie aufgrund einer Verspätung der Bahn ihren Flieger zum Urlaubsziel verpasst hatte. Die Frau hatte eine Rail & Fly-Reise nach Malta gebucht und der Transfer zum Flughafen sollte mit der Deutschen Bahn erfolgen. Aufgrund einer Zugverspätung verpasste die Klägerin jedoch einen Anschlusszug und kam schließlich erst um 9.52 Uhr am Flughafen an, eine Stunde später als geplant. Auf den Reisetickets war vermerkt, dass der Flug um 10.30 Uhr losgehen sollte und sich die Reisenden spätestens 90 Minuten vor planmäßigem Abflug am Abfer­ti­gungs­schalter einfinden sollten. Der Klägerin wurde das Einchecken schließlich aufgrund der Verspätung verweigert.

Reise­ver­an­stalter: Check-In endet eine halbe Stunde vor Abflug

Die Frau vertrat die Meinung, dass es an Flughäfen üblich sei, die Passagiere noch bis zu 15 Minuten vor Abflug abzufertigen. Sie sehe in der Nichtbeförderung einen Reisemangel, auf dem sie ihren Anspruch auf Schadensersatz begründe. Auch die Deutsche Bahn sei Leistungsträger des beklagten Reisver­an­stalters, so dass dieser auch für die Verspätung der Bahn einzustehen habe. Der Reiseveranstalter verteidigte die Entscheidung des Schalterbeamten, die Frau nicht mehr an Bord zu lassen. Es sei bei Charterflügen üblich, dass das Einchecken eine halbe Stunde vor Abflug ende. Die Klägerin sei auch für ihre Verspätung selbst verantwortlich, da die Organisation der Anreise von ihr selbst vorgenommen wurde.

Reise­ver­an­stalter hat Reisemangel nicht zu vertreten

Das Amtsgericht Neuwied entschied, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 651 f Abs. 1 BGB habe. Zwar sei die Reise mangelhaft gewesen, da die vertraglich geschuldete Leistung, die in Flug und Unterkunft bestand, nicht erbracht wurde. Jedoch habe das Unternehmen diese Nichterfüllung nicht zu vertreten. Die Reisende trage vielmehr selbst die Verantwortung dafür, rechtzeitig am Abflugschalter einzutreffen. Das Zeitfenster von 90 Minuten diene dazu, einen reibungslosen Check-In-Vorgang zu gewährleisten. Eine übliche Handhabung, Fluggäste auch noch 15 Minuten vor Abflug abzufertigen, gebe es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht. Ein Anspruch auf Schadensersatz liege auch nicht unter dem Gesichtspunkt vor, dass die Deutsche Bahn Leistungs­trägerin des Reise­ver­an­stalters sei und somit als deren Erfül­lungs­gehilfe gelte. Bei der Verspätung der Bahn handele es sich um eine außerhalb des Geschäfts­be­reiches des Reise­ver­an­stalters liegenden und nicht von ihr beeinflussbaren Umstand. Die Reisende trage selbst die Verantwortung dafür, dass sie mit der von ihr frei gewählten Zugverbindung den Flughafen nicht pünktlich erreicht hatte.

Ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz komme demnach nicht in Betracht.

Quelle: ra-online, Amtsgericht Neuwied (vt/st)

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