Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 17.05.2020 gegen 01.00 Uhr folgte der deutlich alkoholisierte Angeklagte einer ihm unbekannten jungen Frau im Bereich des Untergeschosses am Hauptbahnhof in München selbst noch als diese sich in einen Laden flüchtete und versuchte diese anzusprechen. Deswegen entschloss sich eine Polizeistreife, die Identität des Angeklagten festzustellen und eine Gefährderansprache durchzuführen. Bereits auf die erste Ansprache schrie der Angeklagte laut "Fickt euch" und nannte die Beamtin "Arschloch". Als der Beamte ihn beruhigen wollte, schrie er diesen an "Fick dich, du hast mir gar nichts zu sagen". Um vier weitere Polizisten verstärkt wollte man ihn auf die Dienststelle bringen, um seine Identität festzustellen. Trotz vorangegangener Androhung des Einsatzes unmittelbaren Zwangs schlug er wild um sich und hob schließlich die Hand gegen die Beamtin, so dass er durch sie und eine weitere Polizistin zu Boden gebracht und gefesselt wurde. Nach Abschluss der Feststellungen, u.a. einer Atemalkoholisierung von 2,48 Promille auf der Wache fuhren drei Beamte den Angeklagten zu seiner Wohnung, auch um neuen Vorfällen vorzubeugen. Dabei sagte sie der Angeklagte, dass sie Nazis seien und Menschen umbringen würden.
Der Angeklagte hatte gegen einen Strafbefehl, der eine sechsmonatige Bewährungsstrafe bei einer Geldauflage von 750 Euro vorgesehen hätte, Einspruch eingelegt. Er bestritt, die junge Frau verfolgt und angesprochen zu haben, stellte den weiteren Ablauf aber nicht in Frage. "Mein Vater war über 20 Jahre im Polizeidienst. Ich war nur laut geworden. Von der Polizei war das Verhalten nicht gerechtfertigt. Ein älterer Polizeibeamter hätte sich nie so verhalten wie die jungen Polizeibeamten. In der Stadt war viel Polizei unterwegs. Die Beamten waren übersensibel." Eine ihm vom Gericht nahegelegte Rücknahme des Einspruchs lehnte er ab.
Der Strafrichter begründete das getroffene Urteil u.a. wie folgt: "Allein schon aufgrund der erheblichen Alkoholisierung des Angeklagten war die Anhaltung und die Identitätsfeststellung erforderlich. Dies gilt umso mehr, als der Angeklagte offenbar betrunken einer jungen ihm unbekannten Frau nachgestellt hat. Dass der Angeklagte in alkoholisiertem Zustand, gerade in dem Zeitraum zwischen 00.00 Uhr und 01.00 Uhr, vermehrt, zum Teil nicht unerhebliche Vorsatzstraftaten begeht, ergibt sich aus den im Hauptverhandlungstermin verlesenen Vorstrafenakten. Spätestens unter diesen Umständen muss eigentlich auch dem Angeklagten klar sein, dass das Vorgehen der Polizeibeamten nicht nur rechtmäßig, sondern dringend erforderlich war.
Eine geständige Einlassung konnte das Gericht nicht berücksichtigen, da der Angeklagte zum einen die Sachverhalte nicht als solche eingeräumt hat und zum zweiten aufgrund seines Verhaltens in der Hauptverhandlung, welches das aggressive Verhalten zum Tatzeitpunkt durchaus nachvollziehbar gemacht hat, gezeigt hat, dass er über keinerlei Schuldeinsicht und Reue verfügt. Zu Lasten des Angeklagten musste gesehen werden, dass es sich zum einen um üble Beleidigungen handelt und diese zudem auch gegenüber Polizeibeamten geäußert wurden. Zuletzt muss gesehen werden, dass der Angeklagte jeweils mit erheblicher Intensität agiert hat, was sich daraus ergibt, dass er jeweils mehrere Straftatbestände gleichzeitig verwirklicht hat."
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 31.05.2021
Quelle: Amtsgericht München, ra-online (pm/ab)