18.10.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 30689

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Amtsgericht München Urteil15.12.2020

Kein Mietnachlass bei nur kurzer coronabedingter SchließungAG München gibt Klage einer Münchner Vermieterin statt

Das Amtsgericht München gab der Klage einer Münchner Vermieterin gegen eine Münchner Modeboutique auf Zahlung eines ausstehenden Mietanteils in Höhe von 2.234,82 Euro statt.

Die Beklagte ist seit 01.01.2001 Mieterin eines Ladens von ca. 78 qm Verkaufs- und ca. 6 qm Nebenfläche in München-Schwabing und betreibt dort eine Mode-Boutique. Im Jahr 2020 belief sich der monatliche Mietzins auf 4.469,64 Euro brutto zuzüglich Betrie­bs­kos­ten­vor­aus­zahlung in Höhe von 285,60 Euro. Die Beklagte kündigte der Klägerin mit E-Mail vom 23.03.2020 an, wegen der Schlie­ßungs­a­n­ordnung von Beklei­dungs­ge­schäften im Rahmen der COVID 19 - Pandemie für den Monat April 2020 lediglich einen Mietzins in Höhe von 50 % zu bezahlen. Die Klägerin widersprach der angekündigten Kürzung. Die Beklagte kürzte die Miete im April 2020 dennoch um einen Betrag in Höhe von 2.234,82 Euro. Die Schließung wurde von 17.3. mit 26.04.2020 angeordnet. Die Klägerin macht geltend, der Beklagten stehe aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Mietkür­zungsrecht zu. Die Beklagte ist der Auffassung, es liege aufgrund der Schlie­ßungs­a­n­ordnung ein Fall der rechtlichen Unmöglichkeit vor, da der Laden nicht geöffnet werden durfte. Deswegen sei die Beklagte im streit­ge­gen­ständ­lichen Zeitraum von der Zahlung der vereinbarten Miete völlig befreit gewesen. Jedenfalls aber könne sie aus dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäfts­grundlage eine Vertrags­an­passung dahingehend verlangen, dass die Miete sich um 50 % reduziere.

Kein Mietmangel durch Schlie­ßungs­a­n­ordnung

Nach Auffassung des Amtsgerichts München ist ein Mangel, der zur Minderung berechtigte, ist nicht gegeben. Der Vermieter hat nämlich grundsätzlich dem Mieter nur die Möglichkeit des Gebrauchs zu verschaffen und die Mietsache in einem dem Verwen­dungszweck entsprechenden Zustand zu erhalten. Der Vermieter schuldet demnach nur die Überlassung der für den Betrieb der notwendigen Räume, nicht aber die Überlassung des Betriebs selbst die erfolgreiche Nutzung hingegen gehört zum Verwen­dungszweck des Mieters. Überdies begründen nach ständiger höchst­rich­ter­licher Rechtsprechung öffentlich-rechtliche Gebrauchs­hin­dernisse nur dann einen Sachmangel, wenn sie unmittelbar auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen. Ist die Mietsache weiter zur Nutzung grundsätzlich geeignet und nur der geschäftliche Erfolg des Mieters betroffen, realisiert sich das vom Mieter zu tragende Verwen­dungs­risiko. Die Mietsache war trotz der Schlie­ßungs­a­n­ordnung weiterhin zum vereinbarten Betriebszweck geeignet wie vor der behördlichen Anordnung.

Anspruch auf Vertrags­an­passung nur bei geänderten Umständen über einen Zeitraum von mind. 3 Monaten

Es liegt zwar eine Störung der Geschäfts­grundlage vor, da beide Parteien bei Vertragsschluss wohl vorausgesetzt haben, dass es nicht zu einer globalen Pandemie mit Betrie­bs­schlie­ßungen kommt. Nicht jede einschneidende Veränderung der gemeinsamen Vorstellungen rechtfertigt eine Vertrags­an­passung. Zu beachten ist, dass grundsätzlich der Mieter das Verwen­dungs­risiko trägt. Ferner muss berücksichtigt werden, dass jeder Mieter die Krise anders bewältigt und auch gehalten ist, Kompen­sa­ti­o­ns­maß­nahmen zu kreieren, z.B. durch vorgezogene Instand­hal­tungs­a­r­beiten oder Onlinehandel, bevor er eine Anpassung des Vertrages verlangen kann. Auch muss bedacht werden, dass der Staat umfangreiche Hilfspakete zur Abwendung wirtschaft­licher Not geschnürt hat, die Umsatzsteuer gesenkt hat und auch Kurza­r­bei­tergeld für Angestellte in Betracht kommt. Die Beklagte hat lediglich vorgetragen, es sei zu einem totalen Umsatzausfall gekommen. Ein Onlineshop sei nicht vorhanden. Dies allein ist nicht ausreichend. Ein gesundes Unternehmen kann in der Regel einen Umsatzausfall von fünf Wochen verkraften. Das Gericht geht davon aus, dass für eine Vertrags­an­passung das Vorhandensein von geänderten Umständen während mindestens eines Zeitraums von ca. 3 Monaten erforderlich wäre. Dieser Richtwert ist vorliegend bei weitem nicht erreicht.

Quelle: Amtsgericht München, ra-online (pm/aw)

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