Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am Abend des 16. Juni 2016 stellte der Beklagte, ein erfahrener eBay-Verkäufer dessen Muttersprache nicht Deutsch ist, in München über die Internetplattform "eBay" einen Koffer mit Neuwert von 300 bis 700 Euro zum Sofortkaufpreis von einem Euro ein. Kurz darauf nahm der Kläger aus Bottrop dieses Angebot an und teilte dem Beklagten anschließend mit, er wolle den Kaufvertrag nun abwickeln. Daraufhin antwortete der Beklagte noch am selben Abend:
"Sorry, das war als eine Auktion gedacht! Leider waren Sie schneller, wie ich den Fehler merkte! Ich werde es von meiner Seite Annulieren, da sie die Zeit der geboten haben wie es bearbeitet wurden ist."
Der Kläger trat wegen Nichterfüllung vom Kaufvertrag zurück und wollte Ersatz in Höhe des von ihm auf 700 Euro veranschlagten Kofferwertes abzüglich des vereinbarten Kaufpreises von einem Euro.
Der Beklagte behauptet, ihm sei bei der Erstellung des Angebots ein Fehler unterlaufen. Er habe eine "Auktion" mit einem Startpreis von einem Euro erst einmal als Vorschau erstellen und noch gar nicht aktivieren wollen. Die Buttons für beide Verkaufsarten seien derart angeordnet, dass eine Verwechslung möglich sei. Er sei nur kurz auf die Toilette gegangen und habe sich mit seiner Tochter unterhalten, als ihn das Vibrieren seines Handys klar gemacht hätte dass der Koffer bereits verkauft sei. Er habe den Koffer niemals für nur einen Euro verkaufen wollen, tatsächlich inzwischen über eine eBay-Auktion für 361 Euro anderweitig verkauft.
Der Beklagte ist der Ansicht, die oben im Wortlaut wiedergegebene Mitteilung habe jedenfalls als Anfechtung den Kaufvertrag zum Erlöschen gebracht.
Das Amtsgericht München gab dem Beklagten Recht, da bereits kein Kaufvertrag zustande gekommen sei bzw. dieser jedenfalls vom Beklagten wirksam angefochten worden sei. Das Gericht sei aufgrund der Angaben des Beklagten, seiner ursprünglichen E-Mail und der eingesehenen Website von eBay davon überzeugt, dass der Beklagte tatsächlich einem zur Anfechtung berechtigenden Erklärungsirrtum unterlegen habe, als er sein Angebot einstellte.
Nach Inaugenscheinnahme der Website erscheine es dem Gericht durchaus möglich, dass ein Fehler wie vorliegend passieren könne. Zum einen lägen die entsprechenden Eintragsfelder bzw. Buttons eng neben- oder übereinander, so dass eine Verwechslung möglich sei. Zudem wechsele eBay offenbar häufig die genaue Gestaltung, so dass auch erfahrene Nutzer den Überblick verlieren könnten. Schließlich spreche auch die sofortige Reaktion des Beklagten in seiner Mitteilung an den Kläger für die Wahrheitsgemäßheit seiner Angaben.
Auch wenn der Beklagte in Abweichung vom Gesetzeswortlaut "Fehler" statt "Irrtum" und von "Annulieren" statt "anfechten". geschrieben habe, sei die Verwendung der richtigen juristischen Terminologie für die Wirksamkeit einer Anfechtungserklärung nicht erforderlich.
Das Berufungsgericht hielt zwar den Vertrag aufgrund unzweifelhaft eindeutiger Erklärungen für zunächst geschlossen, sah aber in der Erklärung des Beklagten ebenfalls eine wirksame Anfechtung und wies die Berufung des Klägers zurück.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.01.2018
Quelle: Amtsgericht München/ra-online