21.11.2024
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Amtsgericht München Urteil08.12.2000

Mieter darf bei ordnungsgemäßer Befestigung außen am Balkon Blumenkästen anbringenSoweit die Fassade / der Putz nicht beschädigt werden, können Rankgitter und Rankpflanzen nicht untersagt werden

Das Anbringen von Blumenkästen und Rankgittern für Kletterpflanzen fällt in den Bereich der üblichen Nutzung eines zu einer Mietwohnung gehörenden Balkons. Werden keine Schäden an der Hausfassade verursacht und wird der Gefahr des Herabstürzens der Blumenkästen ausreichend begegnet, so dürfen Blumenkästen und Rankgitter angebracht werden. Dies geht aus einem Urteil des Amtsgerichts München hervor.

Im vorliegenden Fall klagte eine Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einen Mieter auf Entfernung seiner Balkonpflanzen und eines Rankgitters für Rankpflanzen. In der Begründung hieß es, durch das Gießen der Pflanzen laufe fast immer Wasser nach außen und tropfe nach unten. Bei Sturm würden die vier an der Außenseite des Balkons angebrachten Blumenkästen außerdem ein Unfallrisiko für sich auf dem Gehweg befindliche Passanten darstellen. Die Rankpflanzen stellten nach Meinung der Kläger zudem eine Gefährdung für den Putz der Fassade dar, da sie sich an diesem selbst befestigen und damit den Putz zum Abplatzen bringen würden. Das Rankgitter sei zudem eine bauliche Veränderung des Balkongitters und der Luftraum und die Außenflächen des Balkons seien nicht mit vermietet worden. Der Mieter wies die Vorwürfe zurück. Es würde durch das Gießen kein Wasser nach unten tropfen. Lediglich einmal sei es vorgekommen, dass heftige Regenfälle die Balkonkästen zum Überlaufen gebracht hätten. Gegen Herabstürzen bei Sturm habe er die Blumenkästen außerdem mit verstärkten Haken gesichert.

Balkon darf im Rahmen des Üblichen genutzt werden

Das Amtsgericht München wies die Klage ab. Die Kläger hätten gemäß § 1004 BGB keinen Anspruch auf Entfernung der Balkonkästen und des Rankgitters mit der entsprechenden Bepflanzung. Der Mieter dürfe den Balkon unter Einhaltung des Mietvertrages und einer gegebenenfalls bestehenden Hausordnung im Rahmen des Üblichen nutzen. Der Nutzung würden ebenfalls die zum Balkon gehörenden Wände und das Balkongeländer unterliegen. Nach der Verkehrssitte sei die Begrünung eines Balkons durch Anbringen von Blumenkästen eine allgemein übliche Nutzung.

Für Mieter sind die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag und der Hausordnung verbindlich

Der Beschluss der Eigen­tü­mer­schafft, das Anbringen der Blumenkästen und des Rankgitters nicht länger zu gestatten, sei lediglich für die Wohnungseigentümer verbindlich, nicht aber für Mieter. Die Rechte und Pflichten des Mieters würden sich aus dem Mietvertrag und der Hausordnung ergeben. Im vorliegenden Fall sei sogar nur die bei Abschluss des Mietvertrages bestehende Hausordnung verbindlich, weil eine dynamische Klausel mit dem Inhalt, dass die Hausordnung in ihrer jeweiligen Fassung gelte, nicht vereinbart worden sei. Auch bei Fehlen einer dynamischen Klausel sei der Mieter an gewisse Änderungen der Hausordnung dennoch gebunden. Hierbei sei allerdings ein strenger Maßstab anzulegen.

Gefahr durch Herabstürzen der Blumenkästen wurde ausreichend begegnet

Der Beklagte habe durch das Anbringen einer zusätzlichen Halterung ausreichend dafür gesorgt, dass ein Herabfallen der Blumenkästen als unwahr­scheinlich gelten könne. Da eine Verkehrs­si­cherung, die jeden Unfall ausschließt, nicht erreicht werden könne, müsse nicht für jeden erdenkbaren, entfernt möglichen Schaden­s­eintritt vorgesorgt werden. So sei die theoretische Möglichkeit, dass ein Sturm die Blumenkästen herunterwerfen könne, genauso schwer auszuschließen wie die Gefahr, dass Dachziegel oder abbrechende Äste herunterstürzen könnten. Eine Gefährdung der Passanten sei zudem nicht zu befürchten, da der Balkon nicht auf einen öffentlichen Straßenbereich hinausgehe.

Nässe durch überlaufende Blumenkästen fällt bei starken Regenfällen nicht ins Gewicht

Das Herabtropfen von Wasser schließe das Gericht bei sachgerechter Bedienung des in den Balkonkästen integrierten Wasser­re­servoirs und der Füll- und Überlauföffnung aus. Sollten heftige Regenfälle tatsächlich einmal zum Überlaufen der Blumenkästen geführt haben, so sei dies ohne Bedeutung, da in diesem Fall die Nässe sowieso überall vorhanden sei und das Wasser aus den Blumenkästen damit nicht ins Gewicht falle. Die geringfügigen Eingriffe durch das Befestigen eines Rankgitters in die Sachsubstanz müsse hingenommen werden. Die Entfernung der Rankbepflanzung könne nur dann gefordert werden, wenn die Fassade durch die Pflanzen erheblich beschädigt werden würden. Dies sei im vorliegenden Fall jedoch nicht erkennbar. Das Befestigen eines Rankgitters bewege sich im Rahmen der üblichen Nutzung eines Balkons.

Quelle: ra-online, Amtsgericht München (vt/st)

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