18.10.2024
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Amtsgericht München Urteil01.02.2010

Jeder Einzelne einer Erben­ge­mein­schaft muss verklagt werdenErben­ge­mein­schaft kann nicht verklagt werden wegen fehlender Rechts­per­sön­lichkeit

Besteht eine Erben­ge­mein­schaft, muss jeder einzelne Erbe verklagt werden, um gegen die Gemeinschaft vorgehen zu können. Dies muss allerdings nicht in einem Prozess geschehen. Auch getrennte Prozesse gegen jeden Einzelnen sind möglich. Dies hat das Amtsgericht München entschieden.

Im vorliegenden Fall ist der Eigentümer einer Wohnung in München 2001 verstorben. Beerbt wurde er von vier Personen. Auch nach seinem Tod lieferten die Stadtwerke weiterhin Gas an diese Wohnung. Eine Bezahlung erhielten sie allerdings nicht mehr. Auch Abbuchungs­versuche vom Konto des Verstorbenen scheiterten, da dieses über keine ausreichende Deckung mehr verfügte.

Ein Erbe nutzte Wohnung des Verstorbenen

Als schließlich 4866,- € aufgelaufen waren, verlangten die Stadtwerke die Duldung der Einstellung der Gasversorgung und des Ausbaus der Messeinrichtung. Dieses wurde ihnen verweigert.

Die Stadtwerke erhoben daraufhin Klage vor dem Amtsgericht gegen einen der Erben, der die Wohnung nutzte. Dieser verteidigte sich vor Gericht mit dem Argument, er sei nur einer der Erben, könne alleine nichts ausrichten und deshalb auch nicht einzeln verklagt werden.

Vertrags­ver­hältnis mit Verstorbenen auf Erben­ge­mein­schaft übergegangen

Die zuständige Richterin gab den Stadtwerken jedoch Recht:

Diese hätten einen Anspruch auf Duldung der Einstellung der Gasversorgung und den Ausbau der Messe­ein­rich­tungen und in diesem Zusammenhang auch auf Zutritt zur Wohnung. Nach § 19 der Gasgrund­ver­sor­gungs­ver­ordnung (GasGVV) sei der Gasversorger berechtigt, die Gasversorgung unterbrechen zu lassen, wenn der Kunde seinen Zahlungs­ver­pflich­tungen nicht mehr nachkomme.

Ursprünglich sei der Verstorbene Kunde gewesen. Mit seinem Tode sei das Vertrags­ver­hältnis mit den Stadtwerken auf die Erbengemeinschaft übergegangen. Unbestritten seien auch ausstehende Zahlungen in Höhe von 4866,- € angefallen.

Erben­ge­mein­schaft kann wegen fehlender Rechts­per­sön­lichkeit nicht verklagt werden

Der Beklagte könne auch verklagt werden, obwohl er nur Teil einer Erben­ge­mein­schaft sei. Bei der Erben­ge­mein­schaft handele es sich zwar um eine Gesamt­hands­ge­mein­schaft, d. h. das Erbe gehen ungeteilt als Ganzes auf die Erben­ge­mein­schaft über. Diese Gemeinschaft besitze aber keine eigene Rechts­per­sön­lichkeit (vgl. BGH, Beschluss v. 17.10.2006 - VIII ZB 94/05 -), könne also nicht selbst verklagt werden. Verklagt werden müsse jeder einzelne Miterbe. Dies müsse aber nicht in einem Prozess geschehen.

Zwar müsse der Gläubiger gegen alle Erben einen Duldungstitel erwirken, um vollstrecken zu können. Dies könne aber auch in getrennten Prozessen geschehen.

Erläuterungen

Exkurs: Die Versorgung mit Gas (oder Strom) wird von den sog. Grundversorgern gewährleistet. Gem. § 26 des Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (auch: Energie­wirt­schafts­gesetz - EnWG) handelt es sich bei Grundversorgern um Energie­ver­sor­gungs­un­ter­nehmen, die die meisten Haushalte in einem Versorgungsnetz beliefern. Alle drei Jahre legt der Betreiber eines der Versor­gungsnetze den jeweiligen Grundversorger fest. Die Gasgrund­ver­sor­gungs­ver­ordnung (GasGVV) verpflichtet die Grundversorger, die Belieferung der Gaskunden im Netz zu gewährleisten. Darüber hinaus müssen die Konditionen, Preise und Bedingungen der Gaslieferung u. a. im Internet veröffentlicht sein. Auf Grund dieses Lieferzwangs müssen die Versorger auch auf Duldung der Einstellung der Gasversorgung klagen und können die Lieferung bei Zahlungsverzug nicht einfach einstellen. Im Übrigen müssen sie den Zutritt zu den Wohnungen ebenfalls gerichtlich durchsetzen. Zur Durchsetzung können sie sich dann eines Gerichts­voll­ziehers bedienen.

Quelle: Amtsgericht München/ ra-online

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