21.11.2024
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Amtsgericht München Urteil27.02.2014

35 Flugumbuchungen: Reisender ist nach Nutzung der Business Lounge ohne weitere Flugrei­seab­sichten schadens­ersatz­pflichtigBesuch der Business Lounge ohne Reiseabsichten stellt vertrags­widriges Verhalten dar

Wer wiederholt ohne Reiseabsichten die Business Lounge eines Flughafens besucht, verhält sich vertragswidrig und kann zum Schadensersatz verpflichtet werden. Dies entschied das Amtsgericht München.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens, eine große Deutsche Fluggesellschaft mit Sitz in Köln, verlangt vom Münchner Beklagten 1.980 Euro für die Inanspruchnahme von Leistungen in ihrer Business Lounge.

Der Kläger buchte am 5. März 2011 bei der Flugge­sell­schaft ein flexibles One-Way Business Class Flugticket von München nach Zürich zum Preis von insgesamt 744,46 Euro. Nach den Vertrags­be­din­gungen der Flugge­sell­schaft kann ein Business Class Ticket - auch nach bereits erfolgtem Eincheckvorgang für einen bestimmten Flug - kostenlos umgebucht werden.

Reisender bucht Flug nach Inanspruchnahme der Leistungen in der Business Lounge insgesamt 35 Mal um

Der Beklagte checkte mit diesem Ticket im Zeitraum vom 28. November 2011 bis 9. Dezember 2012 insgesamt 35 Mal ein und ließ sich immer eine Bordkarte für den von ihm ausgewählten Flug ausstellen. Er begab sich dann zum Abflugbereich des Flughafens München und besuchte dort die "Business Lounge" der Flugge­sell­schaft, einen abgetrennten Wartebereich, den die Flugge­sell­schaft exklusiv u.a. ihren Business-Class-Kunden zu Verfügung stellt. Dort nutzte er die Angebote zum Speisen und Trinken ohne weitergehendes Entgelt. Anschließend ließ er sein Ticket, ohne den eingecheckten Flug anzutreten, jeweils umbuchen, insgesamt 35 Mal.

Flugge­sell­schaft storniert Flugticket und erstattet Reisepreis

Am 11. Dezember 2012 stornierte die Flugge­sell­schaft das Flugticket und erstattete dem Münchner den Flugpreis abzüglich der so genannten "Ticket-Service-Charge" in Höhe von 35 Euro. Der Münchner Beklagte kaufte sich sodann am 29. Dezember 2012 bei der Flugge­sell­schaft ein neues Business Class Flugticket, ließ sich für denselben Tag erneut eine Bordkarte für einen Flug ausstellen, besuchte die Lounge der Klägerin und ließ den Flug anschließend wiederum umbuchen. Daraufhin ließ die Klägerin auch dieses Flugticket stornieren und erstattete den Flugpreis.

Flugge­sell­schaft verlangt für jeden unberechtigten Besuch 55 Euro

Die Flugge­sell­schaft forderte den Beklagten im Juni 2013 zur Zahlung von 1.980 Euro auf. Sie ist der Ansicht, der Beklagte habe die Lounge jeweils unberechtigt genutzt, da er keinen Flug habe antreten wollen. Die Lounge werde nur zur Überbrückung von Wartezeiten vor und zwischen den Flügen zur Verfügung gestellt. Für jeden unberechtigten Besuch verlangte die Flugge­sell­schaft 55 Euro. In der Abfluglounge würden dem Kunden umfassende Leistungen angeboten, u.a. eine internationale Getränkeauswahl, Frühstücks-, Mittags- und Abend­es­sen­büffets, diverse Zwischen­mahl­zeiten, Sanitä­r­ein­rich­tungen wie Duschen sowie Konferenzräume. Hierdurch entstehe ein hoher finanzieller Aufwand.

Vertragspartei, die die Erfüllung des Vertrages verweigert oder die Gegenleistung vorsätzlich nicht entgegennehmen will, verstößt gegen allgemeine Treuepflichten

Der Münchener weigerte sich zu zahlen. Er trägt unter anderem vor, dass das Ticket keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der Anzahl der Umbuchungen enthalten habe. Das Gericht gab der Flugge­sell­schaft Recht und verurteilte den Münchener zur Zahlung von Schadensersatz. Er habe nicht nur die Pflicht, den vereinbarten Flugpreis zu zahlen, sondern insbesondere auch eine Mitwir­kungs­pflicht, um der Flugge­sell­schaft zu ermöglichen, auch ihrerseits die vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen, nämlich die Beförderung des Beklagten. Eine Vertragspartei verstoße gegen die allgemeine Treuepflicht, wenn sie die Erfüllung des Vertrages ernsthaft verweigert oder von Vorneherein die Gegenleistung gar nicht entgegennehmen will. Dies gelte insbesondere dann, wenn der anderen Partei im Vorfeld ihrer Leistung bereits Kosten entstehen. Die Flugge­sell­schaft sei auch nicht verpflichtet gewesen, bereits vertraglich die Umbuchungs­mög­lichkeit zu begrenzen. Die Flugge­sell­schaft gestalte die Business Class Tickets bewusst offen und flexibel, um ihren Geschäftskunden auch kurzfristig und auch mehrmals die Möglichkeit der Umplanung zu gewähren. Wenn der Beklagte meine, diese Serviceleistung bewusst vertragswidrig ausnutzen zu müssen, sei dies ein pflichtwidriges Verhalten, das gesetzlich untersagt sei und das die Klägerin nicht durch Anpassung ihrer Vertrags­be­din­gungen unterbinden müsse.

Gericht schätzt Wert der angebotenen Leistungen auf 55 Euro je Besuch

Zur Höhe des Schaden­s­er­satz­an­spruchs führt das Gericht aus, dass die Haftung auf den Vertrau­ens­schaden ausgerichtet ist und auch so genannte fehlgeschlagene Aufwendungen umfasst. Das sind solche Investitionen, die der Geschädigte im Vertrauen auf die Vertragstreue des Vertrags­partners trifft und die sich dann als nutzlos erweisen, da der Vertrag wegen des treuwidrigen Verhaltens des Vertrags­partners nicht vollständig durchgeführt werden kann. Das Gericht schätzte den Wert der in der Businesslounge angebotenen Leistungen auf 55 Euro je Besuch.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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