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Amtsgericht München Urteil22.11.2018

Bloße Möglichkeit von Aufnahmen des eigenen Grundstücks durch Überwa­chungs­kameras des Nachbarn begründet noch keinen Unterlassungs­anspruchBei Prüfung möglicher unzulässiger Eingriffe in allgemeines Persönlichkeits­recht durch "Überwa­chungsdruck" ist auf Umstände des Einzelfalls abzustellen

Die bloße Möglichkeit, von Überwa­chungs­kameras des Nachbarn erfasst zu werden, kann im konkreten Einzelfall noch zumutbar sein. Dies entschied das Amtsgericht München und wies damit die Klage eines Nachbarn auf Beseitigung einer auf sein Grundstück ausgerichteten Überwa­chungs­kamera und Unterlassung der Anbringung anderer auf sein Grundstück ausgerichteter Kameras ab.

Die verheirateten Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls bewohnen mit ihren Kindern ein Haus in München-Neuaubing mit einem angebauten Wintergarten. Der Beklagte bewohnt das unmittelbar angrenzende Haus. Die Parteien sind seit mehreren Jahren in Streit. Das Anwesen des Beklagten wurde durch Dritte mehrfach im Grenzbereich zum Wintergarten der Kläger beschädigt. Der Beklagte installierte Anfang 2017 zwei Überwa­chungs­kameras, welche von dem jeweils erfassten Bereich Aufzeichnungen fertigen und deren Einstel­lungs­bereich nur manuell geändert werden kann. Der Kläger zeigte im März 2018 den Beklagten wegen Anfertigung von Videoaufnahmen seines Wintergartens bei der Polizei an. Am 19. Juli 2018 um 6.30 Uhr wurde das Anwesen des Beklagten in Vollzug eines entsprechenden ermitt­lungs­rich­ter­lichen Beschlusses durchsucht. Die Kameras waren laut Polizei so eingestellt, dass sie ausschließlich Aufzeichnungen vom Grundstück des Beklagten fertigten.

Kläger beanstanden Ausrichtung der Kamera auf ihren Wintergarten

Die Kläger waren der Auffassung, eine der Kameras sei unmittelbar auf ihren Wintergarten ausgerichtet und würde u.a. ihre dort nackt spielenden Kinder filmen. Sie könnten ihrerseits durch das Dach des Wintergartens direkt in die Linse der Kamera schauen. Der Beklagte habe sich wohl auf die Durchsuchung vorbereitet. Jedenfalls bestehe ihrerseits ein "Überwa­chungsdruck" dadurch, dass der Beklagte jederzeit die Kamera auf Aufzeichnungen ihres Grundstücks umstellen könne.

Kamera zeigt laut Beklagten nur Bilder des eigenen Grundstücks

Der Beklagte trug vor, dass die Überwachungskamera zur Verhinderung weiterer Beschädigungen stets - wie von der Polizei auch am Tag der Durchsuchung festgestellt - nur auf Vorgänge auf seinem eigenen Grundstück ausgerichtet sei. Die bloße Möglichkeit einer Veränderung der Einstellung der Videokameras sei unerheblich.

Lichtbilder und Livestream belegen Ausrichtung der Kameras ausschließlich auf das Grundstück des Beklagten

Das Amtsgericht München gab dem Beklagten Recht. Aus dem vorgelegten Lichtbild, welches eine Nahaufnahme der betreffenden Kameras aus dem Dach des Wintergartens der Kläger heraus zeigt, sei gerade zu ersehen, dass die Linse der hinteren Kamera erkennbar von dem Grundstück der Kläger weg zeige und die Linse der vorderen Kamera, ebenfalls deutlich erkennbar, an dem Wintergarten der Kläger vorbei auf das eigene Vordach des Beklagten zeige und somit nicht auf den Garten und Wintergarten der Kläger ausgerichtet sei. Die Beamten hätten über das Smartphone des Beklagten Live-Bilder der installierten Kameras einsehen und dabei feststellen können, dass die Positionen der Kameras im Zeitpunkt des Vollzuges des Durch­su­chungs­be­schlusses so eingestellt waren, dass nur der höchst­per­sönliche Lebensbereich des Beklagten worden gefilmt seien.

Verschiedene Rechtss­trei­tig­keiten der Parteien zur Begründung eines Überwa­chungs­drucks nicht ausreichend

Bei der Frage, ob allein ein sogenannter "Überwa­chungsdruck" einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persön­lich­keitsrecht darstellen könne, müsse auf die Umstände des Einzelfalles abgestellt werden. Die Klagepartei habe selbst vorgetragen, dass der Beklagte vom Fenster aus die unterhalb der Kamera liegende Dachfläche des dortigen Anbaus betreten und dann stehend die Kamera neu ausrichten müsse, so dass eine entsprechende Veränderung den Klägern auch aufgrund ihrer äußerlichen Wahrnehmbarkeit nicht verborgen bleiben würde. Allein die Tatsache, dass die Parteien verschiedene Rechtss­trei­tig­keiten gegeneinander führten und bereits in der Vergangenheit geführt haben, reiche für sich genommen ebenfalls nicht aus, um einen entsprechenden Überwachungsdruck zu begründen. Der Beklagte habe ausgeführt, dass er sich vor weiteren Manipulationen durch Dritte schützen wolle. Hieraus könne keine konkrete Gefahr einer Überwachung auch des klägerischen Garten und Wintergartens hergeleitet werden.

Kläger besitzen ebenfalls Kameras zur Überwachung des Eingangs­be­reichs

Im Übrigen dürfe laut Gericht nicht unberück­sichtigt bleiben, dass die Kläger ihrerseits an der Vorderseite ihres Hauses Kameras installiert haben, welche jedenfalls auch unstreitig den öffentlichen Gehweg vor ihrem Haus filmen würden. In einem entsprechenden, noch rechtshängigen Paral­lel­ver­fahren vor dem Amtsgericht München nehmen die Kläger als Beklagte gegenüber dem Beklagten als Kläger für sich ohne nähere Begründung das Recht in Anspruch, ihr Grundstück - und aktuell auch Teile des öffentlichen Gehwegs vor ihrem Haus - mithilfe einer Überwa­chungs­kamera filmen und überwachen zu dürfen.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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