21.11.2024
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Amtsgericht München Urteil20.03.2015

Video­über­wachung eines privaten Grund­s­tück­s­eingangs und eines unmittelbar davor gelegenen Gehwegstreifens zulässigKeine Verletzung von Persönlich­keits­recht vorbeigehender Passanten

Die Video­über­wachung des privaten Grund­s­tück­s­eingangs und eines schmalen Gehwegstreifens unmittelbar davor verletzt in der Regel nicht das Allgemeine Persönlich­keits­recht der Passanten. Dies entschied das Amtsgericht München.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin aus München ist Eigentümerin eines Hauses in München-Pasing. Ihr Nachbar brachte im Februar 2013 am Dachgauben-Fenster seines Hauses eine Videokamera an. Grund dafür war, dass an seinem Haus mutwillig eine Fensterscheibe beschädigt worden war und die Täter nicht ermittelt werden konnten. Außerdem befindet sich im Garten eine hochwertige Garten-Modelleisenbahn im Wert von circa 8.000 Euro. Von der Kamera werden der Eingangsbereich des Grundstücks des Nachbarn und ein schmaler Streifen des Gehwegs vor dem Grundstück erfasst. Das Anbringen der Kamera hatte der Nachbar mit dem Bayerischen Landesamt für Daten­schutz­aufsicht und der zuständigen Polizei­in­spektion abgesprochen. Die Kamera ist mit einem Kugelgelenk befestigt, so dass das Aufzeich­nungsfeld verändert werden kann.

Nachbarn stritten bereits mehrfach

Zwischen der Klägerin und dem Nachbarn gab es bereits in der Vergangenheit Streit wegen der Verwendung von Streusalz, der Anbringung eines Sicht­schutz­gitters, wegen des Pflan­zen­zu­schnitts und wegen eines Grenzüberbaus durch den Nachbarn.

Nachbar verweigert Entfernung der Kamera

Die Klägerin befürchtet eine Überwachung durch die Kamera. Sie möchte, dass der Nachbar die Kamera entfernt und mahnte ihn deshalb seit November 2013 mehrfach ab. Der Nachbar weigerte sich, die Kamera zu entfernen. Daraufhin erhob die Klägerin Klage zum Amtsgericht München.

Öffentliche Bereich noch privater Nachba­r­grund­stücke dürfen von Video­über­wachung nicht erfasst werden

Die zuständige Richterin gab dem Nachbarn Recht. Die Kamera muss nicht entfernt werden. Grundsätzlich könne durch die Aufzeichnung einer Person mit einem Videogerät in das Allgemeine Persön­lich­keitsrecht der Person eingegriffen werden. Bei der Installation von Video­über­wa­chungs­anlagen auf einem privaten Grundstück müsse deshalb sichergestellt sein, dass weder der öffentliche Bereich noch das private Nachba­r­grundstück oder der gemeinsame Zugang hierzu erfasst werden. Dies gelte - so auch die Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs - nur dann nicht, wenn der Aufsteller der Videokamera ein höherrangiges Interesse an der Überwachung geltend machen kann.

Interesse am Schutz des Eigentums des Überwachenden überwiegt allgemeines Persön­lich­keitsrecht zufällig miterfasster Passanten

Das Gericht geht davon aus, dass das Interesse des Nachbarn am Schutz seines Eigentums das Persön­lich­keitsrecht der Klägerin überwiegt. Der Erfas­sungs­bereich sei vom Landesamt für Daten­schutz­aufsicht geprüft und als vertretbar erachtet worden. Der miterfasste schmale Streifen des Gehwegs beschränke sich auf den Bereich direkt vor dem Eingangstor des Nachbarn. Es sei zu berücksichtigen, dass unstreitig Sachbe­schä­di­gungen an dem Eigentum des Beklagten stattgefunden hatten. Insoweit überwiege das Interesse des Beklagten am Schutz seines Eigentums das allgemeine Persön­lich­keitsrecht der zufällig miterfassten Passanten, so auch der Klägerin, entschied das Gericht.

Streitigkeiten zwischen Nachbarn nicht ausreichend für Anspruch auf Entfernung der Kamera

Nach höchst­rich­ter­licher Rechtsprechung kann ein Anspruch auf Entfernung der Kamera aber auch bestehen, wenn eine Person ernsthaft befürchten muss, damit überwacht zu werden. Allein die Tatsache, dass Nachbarn Rechtss­trei­tig­keiten austragen, rechtfertigt für sich genommen nicht die Angst einer Partei, in den Überwa­chungs­bereich mit aufgenommen zu werden. Die Streitigkeiten, die zwischen der Klägerin und ihrem Nachbarn stattgefunden haben, sind dafür nach Meinung des Gerichts nicht ansatzweise ausreichend.

Hypothetische Möglichkeit einer Überwachung durch den Nachbarn für Beein­träch­tigung des Allgemeinen Persön­lich­keits­rechts nicht ausreichend

Es handle sich dabei um eher gewöhnliche Streitigkeiten zwischen Nachbarn. Die Klägerin trug dem Gericht nur ein Gefühl und eine Vermutung der Beobachtung und Überwachung durch den Nachbarn vor, was sie nicht mit Tatsachen belegen konnte. Allein die hypothetische Möglichkeit, dass der Nachbar sie überwachen könnte, reicht nicht aus, eine Beein­träch­tigung des Allgemeinen Persön­lich­keits­rechts anzunehmen. Das Gericht führte aus, dass sie Klägerin hier allein die bloße Möglichkeit eines Missbrauchs der Überwa­chungs­kamera durch den Beklagten vortrage. Es liege damit bloß ein (vermeintliches) subjektives Befürchten von Aufnahmen vor. Objektiv sei klargestellt, dass derzeit fremde private Flächen nicht gefilmt würden. Auf Seiten des Beklagten sei demgegenüber zu berücksichtigen, dass es unstreitig zu einer Sachbe­schä­digung auf seinem Grundstück gekommen ist.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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