21.11.2024
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Dokument-Nr. 32015

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Amtsgericht München Urteil09.04.2021

Verfallene Burg darf als "lost Place" bezeichnet werdenKein Schadens­ersatz­anspruch wegen Verletzung "moralischer Rechte"

Eine verfallene Burg darf als "lost Place" bezeichnet werden. Dies hat das Amtsgericht München entschieden und die Klage einer US-amerikanischen Gesellschaft auf Schadenersatz wegen einer Urheber­rechts­verletzung abgewiesen.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines in Thüringen gelegenen historischen Schlosses. Das Schloss wurde im neunten Jahrhundert erstmals erwähnt. Im vierzehnten Jahrhundert wurde es nach einem Brand wieder­her­ge­stellt. Der Beklagte betreibt eine Internetseite. Auf dieser veröffentlichte er 2018 in der Rubrik "Lost Places" diverse Fotografien der Burg, die diese unter Anderem von innen zeigen. Die Klägerin behauptet, das Gebäude sei urheber­rechtlich geschützt und sie sei Inhaberin der Urheberrechte. Die ungenehmigte Anfertigung der Bilder und das rechtswidrige Eindringen stellten eine Verletzung des "ausländischen Copyrights" der Klägerin dar. Als Schadenersatz verlangte sie 3.000,00 €. Dies entspräche dem Pauschalpreis, den sie einer Film-Crew bis zu vier Personen für die Lizenz berechne. Die Verbreitung der Fotos verletze den ‚foreign copyright claim' und moralische Rechte. Die Bezeichnung der Burg als "Lost Place" sei unwahr. Die Burg sei weder verloren noch verlassen. Der Schadensersatz hierfür betrage 1.500,00 €. Der Beklagte war hingegen der Ansicht, dass sich der Zustand des Gebäudes einer Ruine ohne jeglichen materiellen oder immateriellen Wert annähere. In diesem Zustand komme der Burg kein Urheber­recht­schutz zu. Zudem sei das Grundstück frei zugänglich, Nachteile oder ein Schaden könnten der Klägerin daher durch das Anfertigen von Fotografien nicht entstanden sein.

Kein Anspruch auf Schadensersatz und Geldent­schä­digung

Das AG wies die Klage vollumfänglich ab. Der zuständige Richter führte in der Begründung aus: "Urheber­recht­licher Schutz nach § 11 S. 1 UrhG kann der Klägerin von Vornherein nicht zukommen, da sie entgegen ihrer auch insoweit unschlüssigen Behauptung nicht Urheberin der Burg ist. Urheber können zum einen nur natürliche, nicht dagegen auch juristische Personen sein (Begr. BT-Drs. IV/270, 41; BeckOK UrhR/Ahlberg, 29. Ed. 20.4.2018, UrhG § 7 Rn. 7). Zum anderen ist nicht dargelegt, dass die Klägerin die Burg errichtet hat, was angesichts des Fertig­stel­lungs­datums jedenfalls des Wiederaufbaus im Jahr 1375 wohl auch eher fernliegen dürfte. Zu abgeleiteten Schutzrechten ist ebenso nichts vorgetragen, ein Entstehen solcher ist angesichts der lange zurückliegenden Errichtung ebenfalls völlig abwegig. Soweit die Klägerin ihren Antrag (auch) darauf stützen will, dass der Beklagte die Immobilie der Klägerin auf seiner Internetseite als "lost place" bezeichnet hat, scheiden Schaden­s­er­satz­ansprüche ebenfalls aus. Insbesondere kommt ein Anspruch auf Geldentschädigung nach §§ 823 Abs. 1 BGB i.V.m. einer Verletzung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts bzw. des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht in Betracht.

Bezeichnung der Immobilie als "lost place" stellt eine offenkundig wahre Tatsa­chen­be­hauptung dar

Die Klägerin verlangt insoweit offenbar Geldent­schä­digung für immaterielle Schäden ("Verletzung moralischer Rechte"). Eine solche kann zum einen nur natürlichen Personen zustehen und kommt zum anderen nur in Betracht, wenn eine schwere Beein­träch­tigung vorliegt, die nach Art der Verletzung nicht in anderer Weise ausgeglichen werden kann (vgl. hierzu i.E. Palandt-Sprau, 79. Aufl., § 823 BGB Rn. 130 m.w.N.). Die erstgenannte Voraussetzung ist offenkundig nicht erfüllt, auch eine schwerwiegende Beein­träch­tigung durch die Äußerung des Beklagten ist nicht annähernd ausreichend dargetan oder ersichtlich. Überdies scheidet auch insoweit eine Verlet­zungs­handlung offensichtlich aus. Aus den von der Klägerin selbst vorgelegten Lichtbildern ergibt sich unzweifelhaft, dass das Objekt leer steht, nach der Außenansicht zu urteilen ist es zudem tatsächlich in einem äußerst schlechten baulichen Zustand, so dass zumindest der Verfall droht. Wenn der Beklagte eine derartige Immobilie als "lost place" bezeichnet handelt es sich daher um eine offenkundig wahre Tatsa­chen­be­hauptung."

Quelle: Amtsgericht München, ra-online (pm/ab)

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