03.12.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 24038

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Urteil21.04.2015Amtsgericht Kassel435 C 5128/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 2016, 37Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2016, Seite: 37
  • NZV 2016, 225Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2016, Seite: 225
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ergänzende Informationen

Amtsgericht Kassel Urteil21.04.2015

11-jähriges Kind hat Schmerzens­geld­anspruch aufgrund Kollision mit vorbeifahrenden Pkw bei Innen­reinigungs­arbeiten auf Wasch­an­la­gen­geländeKein Mitverschulden des Kindes aufgrund durch Reini­gungs­a­r­beiten bedingtem Wegtreten von Fahrzeug

Tritt ein 11-jähriges Kind bei Innen­reinigungs­arbeiten am väterlichen Fahrzeug vom Fahrzeug weg und stößt dadurch mit einem vorbeifahrenden Pkw zusammen, so steht ihm ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu. Ein Mitverschulden ist dem Kind nicht anzulasten, wenn sich seine Bewegung im Rahmen des Üblichen hält. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Kassel hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2012 half ein 11-jähriger Junge dabei das Fahrzeug seines Vaters zu reinigen. Das Fahrzeug befand sich dazu in einer Parktasche. Gegen­über­liegend befanden sich ebenfalls Parktaschen zur Innenreinigung. Zwischen den Parktaschen verlief eine ca. 3,20 m breite Fahrgasse. Diese wurde von einem Taxifahrzeug befahren als der Junge die Abdeckmatte aus dem Kofferraum des väterlichen Fahrzeugs herausnehmen wollte und dazu zurücktrat. Es kam zu einer Kollision, bei der sich der Junge verletzte. Er klagte schließlich auf Zahlung von Schmerzensgeld, da sowohl der Halter des Taxifahrzeugs als auch dessen Haftpflicht­ver­si­cherung eine Haftung ablehnten. Sie führten an, dass dem Jungen ein überwiegendes Mitverschulden anzulasten sei.

Anspruch auf Schmerzensgeld

Das Amtsgericht Kassel entschied zu Gunsten des Klägers. Ihm habe ein Anspruch auf Schmerzensgeld zugestanden. Der Fahrer des Taxifahrzeugs habe damit rechnen müssen, dass sich zwischen den Parktaschen Personen außerhalb der Fahrzeuge aufhalten, weil sie mit Reini­gungs­a­r­beiten um die Fahrzeuge herum beschäftigt seien. Er habe Fußgänger nur dann passieren dürfen, wenn dies gefahrlos möglich gewesen sei. Er habe sich gegebenenfalls etwa durch Blickkontakt mit den Fußgängern verständigen müssen. Notfalls habe er anhalten und auf sich aufmerksam machen müssen.

Kein Mitverschulden des Klägers

Dem Kläger sei kein Mitverschulden im Sinne des § 254 Abs. 1 BGB anzulasten gewesen, so das Amtsgericht, weil er sich rückwärts vom väterlichen Fahrzeug wegbewegte. Denn diese Bewegung habe im Zusammenhang mit den Innen­rei­ni­gungs­a­r­beiten gestanden und sei somit sozialadäquat gewesen. Jeder andere Benutzer müsse von vornherein damit rechnen, dass sich Personen um die Fahrzeuge herum bewegen, um die üblichen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Innenreinigung durchzuführen. Folglich habe auch der Kläger ohne weiteres eine solche Bewegung durchführen dürfen.

Schmerzensgeld in Höhe von 3.600 EUR

Das Amtsgericht sprach dem Kläger ein Schmerzensgeld von 3.600 EUR zu. Es berücksichtigte dabei, dass der Kläger einen Schienbeinbruch rechts sowie einen Keilbeinbruch in der rechten Fußwurzel erlitten hatte. Dies hatte eine dreitägige stationäre konservative Behandlung mit Anlegen eines Liegegipses zur Folge. Dieser musste drei Wochen getragen werden. In dieser Zeit war der Kläger in seiner Bewegungs­fä­higkeit erheblich eingeschränkt gewesen, da er Gehhilfen benutzen musste. Dies führte zu erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität, da jede sportliche oder sonstige Freizeit­ak­tivität außerhalb der Wohnung unmöglich oder sehr stark eingeschränkt war. Im Anschluss daran musste der Kläger zwei Wochen einen Vakoped-Schuh tragen und sich kranken­gym­nastisch behandeln lassen. Nicht unberück­sichtigt ließ das Gericht zudem den Umstand, dass die Beklagten trotz eindeutiger entge­gen­ste­hender Tatsachen ein 100 %-iges Mitverschulden des Klägers in Betracht zogen und somit ein unangemessenes Regulie­rungs­ver­halten an den Tag gelegt haben.

Quelle: Amtsgericht Kassel, ra-online (vt/rb)

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