Das Gericht wies die Klage eines Autofahrers gegen seine Kasko-Versicherung ab, der unter Alkohol- und Medikamenteneinfluss Auto gefahren war und dabei seinen Wagen beschädigt hatte. Er war während der Fahrt mit seinem Smart an einen Bordstein geraten. Dabei entstand ein Schaden von 4.261,66 €. Der Kläger fuhr zunächst weiter, wobei das Fahrzeug mit einem Vorderrad nur noch auf der Felge fuhr. Er wurde von einer Polizeistreife angehalten, die eine Blutpobe entnehmen ließ. Dabei wurde eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,96 Promille ermittelt.
Allerdings enthielt die entnommene Blutprobe zu geringe Blutreste, als dass eine vollständige Blutalkoholbestimmung hätte durchgeführt werden können. Das Amtsgericht Frankfurt am Main verurteilte den späteren Kläger wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe. Das Gericht ging dabei davon aus, dass zwar eine genaue Blutalkoholbestimmung nicht möglich gewesen sei. Der Kläger sei jedoch auf Grund der eingenommenen Antidepressiva in Verbindung mit dem genossenen Alkohol fahruntüchtig gewesen. Das Vorliegen relativer Fahruntüchtigkeit leitete das Gericht aus verschiedenen seitens der als Zeugen vernommenen Polizeibeamten geschilderten Auffälligkeiten ab.
In dem späteren Klageverfahren verweigerte die Kaskoversicherung des Klägers die Regulierung des geltend gemachten Schadens mit dem Argument, sie sei von ihrer Verpflichtung zur Leistung befreit, da der Kläger den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt habe. Dieser Auffassung schloss sich das Gericht an. Es führte aus, dass derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletze und unbeachtet lasse, grob fahrlässig handele.
Bei einer BAK von unter 1,1 Promille könne eine unfallursächliche Fahruntüchtigkeit nur dann angenommen werden, wenn feststehe, dass der Fahrer aufgrund seiner Alkoholisierung Fahrfehler begangen habe und nicht mehr zur Beherrschung des Fahrzeugs in der Lage war. Dies sei hier der Fall. Der Kläger sei relativ fahruntüchtig gewesen und der Unfall auf diesen Umstand zurückzuführen. Er habe zum Unfallzeitpunkt unter Alkohol- und Medikamenteneinfluss gestanden.
Zwar konnte die BAK im Nachhinein nicht mehr zweifelsfrei festgestellt werden, so dass ihm der Vorwurf absoluter Fahruntüchtigkeit nicht gemacht werden konnte. Der Kläger habe jedoch alkoholtypische Ausfallerscheinungen gezeigt, aus denen auf seine relative Fahruntüchtigkeit geschlossen werden könne. Dies zeige schon der Umstand, dass er ohne ersichtlichen Grund mit dem Bordstein kollidiert sei und anschließend sogar die Fahrt nur noch auf der Felge des einen Vorderrades fortgesetzt habe.
Seine Fahruntüchtigkeit habe er auch erkennen bzw. vorhersehen können, so dass ihm auch subjektiv der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen sei. Die gefährliche Wirkung von Antidepressiva in Verbindung mit Alkohol sei allgemein bekannt. Es hätte sich dem Kläger aufdrängen müssen, dass er zum Führen eines Fahrzeugs nicht mehr in der Lage sein würde.
Der Qualifikation des Verhaltens des Klägers lasse sich auch nicht entgegen halten, dass es sich "nur" um relative und nicht um absolute Fahruntüchtigkeit gehandelt habe. Denn die relative Fahruntüchtigkeit sei keine mildere Form der Fahruntüchtigkeit gegenüber der absoluten Fahruntüchtigkeit. Vielmehr gehe es bei dieser Unterscheidung allein um die Frage des Nachweises.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.03.2011
Quelle: ra-online, Amtsgericht Frankfurt am Main (vt/we)