18.10.2024
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Sie sehen eine Figur, die einen Mann darstellt, der mit einem Fernglas in der Hecke sitzt.
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Amtsgericht Bremen Urteil30.04.2015

Harmlose Gefährdungen durch Mitmieter rechtfertigen keine Räumung seiner Wohnung im EilverfahrenWohnungsräumung im Eilverfahren setzt konkrete und nicht unerhebliche Gefährdung für Leib oder Leben voraus

Ein Mieter ist nicht berechtigt, im Rahmen eines Eilverfahrens gemäß § 940 a ZPO die Räumung einer Nachbarwohnung zu verlangen, wenn vom Nachbarn harmlose, rein verbale Gefährdungen ausgehen. Vielmehr setzt ein solches Räumungs­ver­langen eine konkrete und nicht unerhebliche Gefährdung für Leib oder Leben voraus. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Bremen hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Zwischen zwei in einem Zweifa­mi­li­enhaus wohnenden Mietparteien herrschte seit vielen Jahren Streit. Nachdem es zu mehreren Einbruch­ver­suchen und Einbrüchen in den Kellerräumen kam, brachten die Mieter des Obergeschosses eine Kamera oder Kameraattrappe in den Kellerräumen an. Die Mieter des Erdgeschosses fühlten sich dadurch überwacht und verstellten immer wieder die Kamera bzw. Kameraattrappe. In der Nacht von Ostersonntag auf Ostermontag im Jahr 2015 verschärfte sich der Streit derart, dass die Polizei gerufen werden musste. Die Erdge­schoss­mieter gaben an, dass die Oberge­schoss­mieterin mit den Worten "Du faules und arbeitsscheues Miststück, Du geistig behinderte Kuh, Du Lügnerin und Betrügerin!" auf ihre Tochter zugeschossen sei. Der Oberge­schoss­mieter wiederum sei mit geballter Faust und mit zum Schlag ausgeholtem Arm mit den Worten "Ich schlage dir gleich ins Gesicht und zertrümmere deine Brille" auf sie zugestürmt. Die Erdge­schoss­mieter waren daraufhin so verängstigt, dass sie die Räumung der Wohnung der Oberge­schoss­mieter durch einstweilige Verfügung verlangten.

Kein Anspruch auf Wohnungsräumung im Eilverfahren

Das Amtsgericht Bremen entschied gegen die Erdge­schoss­mieter. Diese haben nicht gemäß § 940 a ZPO die Räumung der Wohnung der Oberge­schoss­mieter per einstweilige Verfügung verlangen dürfen. Denn dies hätte das Vorliegen einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben vorausgesetzt. Angesichts der Bedeutung der Wohnung und der bei einer Räumung per einstweilige Verfügung bedingten Vorwegnahme der Hauptsache kommen nur solche Gefährdungen in Betracht, die die Wohnungsräumung zwingend erforderlich machen. Es müssen daher konkrete Anhaltspunkte für eine bevorstehende Verletzung der körperlichen Integrität vorliegen. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.

Keine konkrete Gefahr für Leib oder Leben

Nach Ansicht des Amtsgerichts habe der Ostervorfall keine Gefahr für Leib oder Leben der Erdge­schoss­mieter begründet. Zwar haben die Äußerungen der Oberge­schoss­mieterin, als wahr unterstellt, eine Beleidigung und Verleumdung dargestellt. Eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben habe sich daraus aber nicht ergeben. Auch die Äußerungen des Oberge­schoss­mieters haben keine Tätlichkeit dargestellt. Es sei zudem zweifelhaft gewesen, ob der Oberge­schoss­mieter seine Drohung wahr machen werde. So sei es während des seit vielen Jahren andauernden Konflikts nie zu einem körperlichen Übergriff gekommen.

Erhebliche Provokation durch Erdge­schoss­mieter

Nicht unbeachtet habe darüber hinaus bleiben dürfen, so das Amtsgericht, dass dem Ostervorfall eine nicht unerhebliche Provokation der Erdge­schoss­mieter vorausgegangen sei. Diese haben nicht eigenmächtig die Kamera verändern dürfen. Vielmehr hätten sie gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Dies habe vor allem deshalb gegolten, weil die Erdge­schoss­mieter unter Umständen eine Kameraattrappe haben dulden müssen.

Quelle: Amtsgericht Bremen, ra-online (vt/rb)

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