21.11.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.
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Amtsgericht Bonn Urteil23.06.2015

Eintragung in Branchen­ver­zeichnis: Anspruch des Gewer­be­trei­benden auf Schadensersatz aufgrund Vertragsschluss durch Cold CallUnerwünschter Werbeanruf stellt rechtswidrigen Eingriff in eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar

Geht ein Gewer­be­trei­bender aufgrund eines Cold Calls einen Vertrag über die Eintragung seiner Firmendaten in ein Branchen­ver­zeichnis ein, steht dem Gewer­be­trei­benden ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der Eintra­gungs­kosten zu. Denn der unerwünschte Werbeanruf stellt einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Bonn hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Betreiberin eines Branchen­ver­zeich­nisses klagte gegen die Inhaberin einer Glas- und Gebäu­de­r­ei­nigung auf Zahlung von 589,05 EUR. Hintergrund dessen war ein angeblich im September 2014 beauftragter Eintrag in das Branchenverzeichnis. Die Firmeninhaberin erhielt innerhalb weniger Minuten zwei Anrufe von einem Mitarbeiter der Branchen­buch­be­treiberin. Im zweiten Telefonat, das mit Einverständnis der Firmeninhaberin aufgezeichnet wurde, ließ sich der Mitarbeiter die Auftrags­er­teilung bestätigen. Die Firmeninhaberin weigerte sich nachfolgend zu zahlen.

Kein Anspruch auf Vergütung für Branchen­bu­cheintrag

Das Amtsgericht Bonn entschied gegen die Branchen­buchan­bieterin. Ihr habe kein Anspruch auf die Vergütung für den Branchen­bu­cheintrag zugestanden. Denn dieser Anspruch sei jedenfalls erloschen, da der Firmeninhaberin ein entge­gen­ste­hender Schaden­er­satz­an­spruch in gleicher Höhe gemäß § 823 Abs. 1 BGB zugestanden habe. Aufgrund des Cold Calls sei in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb der Firmeninhaberin rechtswidrig eingegriffen worden. Diese Rechts­gut­ver­letzung habe sich in dem Vertragsschluss fortgesetzt.

Eingriff in eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb

Da unverlangt erfolgte Werbeanrufe regelmäßig den Betriebsablauf stören, so das Amtsgericht weiter, habe ein unmittelbarer Eingriff in den Gewerbebetrieb vorgelegen. Denn die Entgegennahme und das Ausein­an­der­setzen mit dem unerbetenen Anruf seien mit einem zusätzlichen Arbeitsaufwand verbunden. Zwar halte sich der Aufwand in engen Grenzen. Es sei aber zu beachten, dass im Hinblick auf die billige, schnelle und durch Automatisierung sowie Call-Center-Betriebe arbeitssparende Akqui­semög­lichkeit ohne Einschränkung des Cold Callings mit einem immer weiteren Umsichgreifen dieser Werbeart zu rechnen sei.

Rechts­wid­rigkeit des Eingriffs

Der Eingriff in den Gewerbebetrieb sei nach Auffassung des Amtsgerichts auch rechtswidrig gewesen. Aus der Vorschrift des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG lasse sich entnehmen, dass jede Werbung gegenüber einem Nicht­ver­braucher ohne dessen ausdrückliche oder mutmaßliche Einwilligung eine unzumutbare Belästigung darstellt. Im vorliegenden Fall habe weder eine ausdrückliche noch mutmaßliche Einwilligung vorgelegen.

Kein Vorliegen einer mutmaßlichen Einwilligung in Werbeanruf

Nach Ansicht des Amtsgerichts bestehe gerade bei Werbeanrufen in denen es über die Eintragung in ein Verzeichnis oder eine Suchmaschine geht kein erweitertes Interesse. Denn insbesondere bei konkurrierenden Verzeichnissen mit geringem Marktwert sei ein Werbeanruf in aller Regel unerwünscht. Für eine mutmaßliche Einwilligung habe zudem nicht gesprochen, dass die Firma im Internet in anderen Verzeichnissen zu finden war. Andernfalls wäre die Firmeninhaberin mit erheblichen Belästigungen ausgesetzt. Auch der Umstand, dass es schließlich zu einem Vertragsschluss kam, sei unerheblich gewesen.

Vertragsschluss beruhte auf rechtswidrigen Eingriff

Aus Sicht des Amtsgerichts habe der Vertragsschluss auf den rechtswidrigen Eingriff in den Gewerbebetrieb beruht. Denn die Rechts­gut­ver­letzung habe sich im zweiten Anruf fortgesetzt. Beide Telefonate lassen sich nicht voneinander trennen. Vielmehr habe es sich um einen einheitlichen und zusam­men­ge­hörigen Vorgang gehandelt.

Quelle: Amtsgericht Bonn, ra-online (vt/rb)

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