Dokument-Nr. 23100
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Verfassungsgerichtshof des Saarlandes Beschluss29.08.2016
Verbot bleihaltiger Jagdmunition verfassungsrechtlich zulässigDurch Verbot sollen gesundheitliche Gefahren durch Verzehr von Fleisch mit Bleirückständen vermieden werden
Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes hat entschieden, dass das Verbot der Verwendung bleihaltiger Munition verfassungsrechtlich zulässig ist. Mit dem Verbot soll verhindert, dass Menschen durch den Verzehr von Wild aufgrund der im Fleisch geschossener Tiere enthaltenen Bleirückstände gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt werden.
Im Kern bei der Verfassungsbeschwerde um das zum 1. Januar 2017 im Saarland in Kraft tretende Verbot der Verwendung bleihaltiger Munition bei der Jagd. Die beiden Jäger des zugrunde liegenden Verfahrens waren der Auffassung, dass es sich bei dem Verbot um eine "Knebelung" des Jägers handele, für die es keinen sachlichen Grund gebe.
Verfassungsgerichtshof erklärt Verbot zur Verwendung bleihaltiger Munition für zulässig
Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes entschied, dass das Verbot der Verwendung bleihaltiger Munition verfassungsrechtlich zulässig ist. Mit dem Verbot will der Landesgesetzgeber verhindern, dass Menschen durch den Verzehr von Wild aufgrund der im Fleisch geschossener Tiere enthaltenen Bleirückstände gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt werden.
Anhaltspunkte für gesundheitliche Gefahren durch Verzehr von Fleisch mit Bleirückständen wissenschaftlich belegbar
Die Frage, ob Bleirückstände im Fleisch geschossener Tiere zu nennenswerten gesundheitlichen Gefahren für den Menschen führen können, ist umstritten. Aus jüngeren Untersuchungen ergeben sich jedoch gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die durch den Landesgesetzgeber angenommene Gefahr wissenschaftlich belegbar ist. So gelangt das Bundesinstitut für Risikobewertung zu dem Ergebnis, dass bleihaltige Jagdgeschosse den Bleigehalt des Wildfleischs vor allem in bestimmten Körperbereichen des erlegten Tieres deutlich erhöhen. Das Bundesinstitut empfiehlt daher, dass jedenfalls Kinder, Schwangere und Frauen im gebärfähigen Alter auf den Verzehr von mit bleihaltiger Munition erlegtem Wild verzichten sollten (Abschlussbericht des Bundesinstituts für Risikobewertung zum Forschungsprojekt "Lebensmittelsicherheit von jagdlich gewonnenem Wildbret" vom 19. Dezember 2014).
Verzicht auf Blei als Geschossmaterial mit Blick auf tierschutzgerechte Tötungswirkung für Einsatz im Jagdbetrieb möglich
Gegen ein Verbot bleihaltiger Munition wird allerdings eingewandt, dass den Tieren durch die Verwendung bleifreier - und damit leichterer - Munition aufgrund einer verzögerten Schusswirkung größeres Leid zugefügt werde. Neuere Untersuchungen der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde haben insoweit jedoch ergeben, dass eine hohe Geschosswirksamkeit sowohl mit bleihaltigen als auch mit bleifreien Geschossen erreicht werden kann und der Verzicht auf Blei als Geschossmaterial mit Blick auf die tierschutzgerechte Tötungswirkung für den Einsatz im Jagdbetrieb möglich ist (Gutachten "Ergänzende Untersuchungen zur Tötungswirkung bleifreier Geschosse" der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde - HNE - vom 25. Februar 2014).
Verbot bleihaltiger Munition zum Schutz der Gesundheit wahrscheinlich
Vor dem Hintergrund dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse durfte sich der Landesgesetzgeber - in Abwägung mit dem verfassungsrechtlichen Gebot des Tierschutzes - für ein Verbot bleihaltiger Munition zum Schutz der Gesundheit Wildbret verzehrender Menschen entscheiden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 30.08.2016
Quelle: Verfassungsgerichtshof des Saarlandes/ra-online
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