Nach den beamtenrechtlichen Bestimmungen tritt ein kommunaler Wahlbeamter mit der Vollendung des 68. Lebensjahres auch dann in den Ruhestand, wenn die 8-jährige Wahlperiode noch nicht abgelaufen ist. Hierin sieht der Oberbürgermeister von Idar-Oberstein, der am 4. Februar 2007 und damit vor Ablauf der 8-jährigen Amtszeit am 28. Februar 2009 sein 68. Lebensjahr vollendet, eine unzulässige Einschränkung seines passiven Wahlrechts. Dem sind bereits das Verwaltungsgericht Koblenz und das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz nicht gefolgt und haben den Antrag des Oberbürgermeisters, die Vorbereitungen zur anstehenden Neuwahl seines Nachfolgers vorläufig zu unterbinden, abgelehnt. Der Verfassungsgerichtshof wies jetzt die gegen diese Entscheidungen eingelegte Verfassungsbeschwerde zurück.
Die Landesverfassung schreibe lediglich die Urwahl der hauptamtlichen Bürgermeister und Landräte nach den Grundsätzen der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl vor. Danach solle jedermann sein aktives und passives Wahlrecht in formal möglichst gleicher Weise ausüben können. Das Nähere dürfe der Gesetzgeber regeln.
Danach unterlägen hauptamtliche Bürgermeister nicht nur dem Gemeinde-, sondern auch dem Beamtenrecht. Die Bürgermeister erfüllten auch hoheitliche Aufgaben des Staates, die von Verfassungs wegen von Beamten auszuüben seien. Ihr Wahlamt werde damit von beiden Regelungsbereichen gleichermaßen bestimmt. Während die Gemeindeordnung eine 8-jährige Amtszeit vorsehe, setze das Landesbeamtengesetz die Altersgrenze auf das vollendete 68. Lebensjahr fest. Dass die Altersgrenze das passive Wahlrecht gewählter Bürgermeister einschränke, sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Das Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Amtsführung rechtfertige es, generalisierend Personen von der weiteren Ausübung ihres Wahlamtes auszuschließen, die möglicherweise nicht bis zum Ende der Amtszeit in der Lage seien, den hohen persönlichen Einsatz zu erbringen, den das Wahlamt erfordere. Insoweit komme dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu, der durch die Festsetzung der Altersgrenze auf das vollendete 68. Lebensjahr nicht überschritten sei. Der Gesetzgeber habe die allgemeine Lebenserfahrung berücksichtigen dürfen, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit auch heute noch mit zunehmendem Alter größer werde.
Allerdings sei der Gesetzgeber nicht gehindert, die getroffene Einschätzung zu überdenken. Hierfür könnten neuere Erkenntnisse der Medizin und der Altersforschung einen Anlass bieten. Bestimmte Schlussfolgerungen seien jedoch verfassungsrechtlich nicht zwingend vorgegeben, zumal auch die Absicht zulässig sei, einer Überalterung entgegenzuwirken und innovatives Handeln zu fördern wie auch Zukunftschancen Jüngerer in den Blick zu nehmen.
Soweit das rheinland-pfälzische Landesrecht für Minister im Gegensatz zu gewählten hauptamtlichen Bürgermeistern keine Altersgrenze vorsehe, stelle diese Ungleichbehandlung keinen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz dar. Für sie gebe es vielmehr einleuchtende Gründe. Anders als bei hauptamtlichen Bürgermeistern unterliege die altersmäßige Eignung der jeweiligen Minister einer hinreichenden individuellen Prüfung durch die dazu berufenen obersten Verfassungsorgane. So stehe dem Ministerpräsidenten mit Zustimmung des Landtages die Kompetenz zur Entlassung eines Ministers zu. Zur Durchführung der Abwahl eines hauptamtlichen Bürgermeisters bedürfe es hingegen der Erfüllung besonders strenger Voraussetzungen und der Durchführung eines komplizierten Abwahlverfahrens.
Vorinstanzen:
OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 20.09.2006 - 2 B 10951/06.OVG -
VG Koblenz, Beschl. v. 02.08.2006 - 1 L 1146/06.KO -
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 02.11.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 10/2006 des VGH Rheinland-Pfalz vom 02.11.2006