21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen einen Teil der Glaskuppel und einen Turm des Reichstagsgebäudes in Berlin.

Dokument-Nr. 18045

Drucken
ergänzende Informationen

Verfassungsgerichtshof Berlin Urteil11.04.2014

Nichtvorlage von Energie­be­richten: Verfas­sungsklage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen Berliner Senat abgewiesenAntrag überwiegend unklar und unzulässig

Die Organklage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Abgeord­ne­tenhaus gegen den Senat von Berlin wegen der Nichtvorlage jährlicher Energieberichte an das Abgeord­ne­tenhaus wurde nunmehr vom Verfas­sungs­ge­richtshof des Landes Berlin abgewiesen.

Mit ihrem Antrag, über den der Verfas­sungs­ge­richtshof am 19. Februar 2014 verhandelt hat, wandte sich die Antragstellerin gegen die Weigerung des Senats von Berlin, jährlich Energieberichte nach dem Berliner Energie­spa­r­gesetz vorzulegen.

Antrag in verschiedenen Punkten unzulässig

Der Verfas­sungs­ge­richtshof hat den Antrag in erster Linie als unzulässig zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfas­sungs­ge­richtshof einen überwiegend unklaren Antrag gestellt und den Verfas­sungs­ge­richtshof gebeten, er möge den zulässigen Inhalt selbst bestimmen. Das ist auch im Verfas­sungs­prozess nicht Aufgabe des Gerichts. Gerade im Organ­streit­ver­fahren, in dem der Antragsteller selbst frei disponieren kann, über welche Meinungs­ver­schie­den­heiten zwischen Verfas­sungs­organen das Verfas­sungs­gericht entscheiden soll, muss ein hinreichend klarer Gegenstand zur Prüfung unterbreitet werden. Auch ist es nicht zulässig, ohne besondere Gründe den Streit während des Verfahrens zu erweitern und – wie hier die Antragstellerin mit Art. 44 Abs. 4 der Verfassung von Berlin (VvB) – eine weitere Verfassungsnorm mit anderen Voraussetzungen als verletzt zu rügen. Im Organ­streit­ver­fahren ist es ferner unzulässig, vorbeugend gegen ein künftiges Unterlassen (hier: die Weigerung zur Vorlage von jährlichen Energie­be­richten auch für künftige Jahre) vorzugehen.

Durchsetzung von allgemeinen Rechten der Fraktionen begründen keine Berichtspflicht des Senats

Der Verfas­sungs­ge­richtshof hat darüber hinaus noch ausgeführt, der Antrag hätte allenfalls hinsichtlich der Nichtvorlage eines Energieberichts für das Kalenderjahr 2011 als zulässig beurteilt werden können, soweit damit eine Verletzung von Art. 40 und Art. 50 Abs. 1 Satz 1 VvB geltend gemacht wurde. Auch mit diesem Inhalt hätte der Antrag jedoch keinen Erfolg haben können. Zwar setzt eine wirksame Wahrnehmung parla­men­ta­rischer Kontrolle voraus, dass die Regierung ihren gesetzlichen Berichts­pflichten nachkommt. Im Organ­streit­ver­fahren können aber nur verfas­sungs­rechtlich verankerte Berichts­pflichten durchgesetzt werden. Die allgemeinen Rechte der Fraktionen nach Art. 40 VvB begründen keine Berichtspflicht des Senats, sie beschränken sich auf den inner­pa­r­la­men­ta­rischen Raum und erfassen nicht das Verhältnis zwischen Parlament und Regierung. Auch Art. 50 Abs. 1 VvB ist nicht verletzt. Danach unterrichtet der Senat das Abgeord­ne­tenhaus frühzeitig und vollständig über alle in seine Zuständigkeit fallenden „Vorhaben von grundsätzlicher Bedeutung“. Dazu zählen die nach § 16 Berliner Energie­spa­r­gesetz jährlich rückblickend auf der Grundlage des Landes­ener­gie­pro­gramms zu erstattenden Energieberichte nicht.

Erläuterungen

Hinweis:

Die oben zitierten Bestimmungen der Verfassung von Berlin (VvB) lauten:

Art. 40 [Fraktionen]

(1) Eine Vereinigung von mindestens fünf vom Hundert der verfas­sungs­mäßigen Mindestzahl der Abgeordneten bildet eine Fraktion. Das Nähere regelt die Geschäfts­ordnung.

(2) Fraktionen nehmen unmittelbar Verfas­sungs­aufgaben wahr, indem sie mit eigenen Rechten und Pflichten als selbständige und unabhängige Gliederungen der Volksvertretung an deren Arbeit mitwirken und die parla­men­ta­rische Willensbildung unterstützen. Insofern haben sie Anspruch auf angemessene Ausstattung. Das Nähere über die Rechtsstellung und Organisation sowie die Rechte und Pflichten der Fraktionen werden durch Gesetz bestimmt.

Art. 44 [Ausschüsse; Enquete-Kommissionen]

(4) Das Abgeord­ne­tenhaus, die Ausschüsse und die Enquete-Kommissionen können vom Senat Auskünfte verlangen und Berichte anfordern.

(5) Alles Nähere regelt die Geschäfts­ordnung des Abgeord­ne­ten­hauses.

Art. 50 [Unterrichtung des Abgeord­ne­ten­hauses]

(1) Der Senat unterrichtet das Abgeord­ne­tenhaus frühzeitig und vollständig über alle in seine Zuständigkeit fallenden Vorhaben von grundsätzlicher Bedeutung. Dies betrifft auch Angelegenheiten der Europäischen Union, soweit das Land Berlin daran beteiligt ist. Staatsverträge sind vor ihrer Unterzeichnung durch den Senat dem Abgeord­ne­tenhaus zur Kenntnis zu geben. Der Abschluss von Staatsverträgen bedarf der Zustimmung des Abgeord­ne­ten­hauses.

(2) Der Senat unterrichtet das Abgeord­ne­tenhaus über Geset­zes­vorhaben des Bundes und über die Angelegenheiten der Europäischen Union, soweit er an ihnen mitwirkt.

Quelle: Verfassungsgerichtshof Berlin/ ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil18045

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI