Verfassungsgerichtshof Berlin Urteil25.06.2025
Berliner Verfassungsgerichtshof hält Anti-Auto-Volksbegehren "Berlin autofrei" für zulässigBerliner Senat hatte dem Gericht den Gesetzentwurf zur Prüfung vorgelegt
Der Antrag der Trägerin Gemeingut in BürgerInnenhand e.V. auf Einleitung des Volksbegehrens über ein „Berliner Gesetz für gemeinwohlorientierte Straßennutzung (GemStrG Bln)“ ist zulässig. Das hat der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin entschieden. Damit kann das Verfahren der Bürgerbeteiligung fortgesetzt werden.
Der Verfassungsgerichtshof hat den Gesetzentwurf der Trägerin aufgrund einer Vorlage der Senatsverwaltung für Inneres und Sport überprüft. Diese ist der Auffassung, der Gesetzentwurf sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor:
Der Entwurf sieht eine Änderung der straßenrechtlichen Widmung für die überwiegende Zahl der Straßen im Bereich der Berliner Umweltzone vor. Der Verkehr mit Kraftfahrzeugen einschließlich des Parkens soll nach einer Übergangszeit von vier Jahren nur noch eingeschränkt zulässig sein. Die Zahl der Privatfahrten soll zunächst auf zwölf Fahrten pro Person und Jahr begrenzt werden. Der Gesetzentwurf enthält Sonderregelungen für verschiedene Kraftfahrzeugnutzungen, unter anderem zu öffentlichen Zwecken, zu unternehmerischen Tätigkeiten und bei besonderen Bedürfnissen.
Nach der am 2. April 2025 durchgeführten mündlichen Verhandlung hat der Verfassungsgerichtshof am 25. Juni 2025 entschieden, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung des Volksbegehrens gegeben sind. Das Land Berlin ist zur Gesetzgebung befugt. Der Gesetzentwurf sieht eine Änderung der straßenrechtlichen Widmung vor, für die der Landesgesetzgeber zuständig ist. Das vorgesehene Gesetz greift auch nicht in Grundrechte ein. Aus diesen lässt sich kein Anspruch auf einen bestimmten straßenrechtlichen Gemeingebrauch, das heißt die dauerhafte Aufrechterhaltung allgemein eingeräumter Nutzungsrechte an öffentlichen Straßen herleiten. Ebenso wenig verstoßen die vorgesehenen Regelungen gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit. Mit dem Gesetzentwurf werden überragend wichtige Gemeinwohlziele – der Schutz von Leben und Gesundheit sowie der Umwelt- und Klimaschutz – verfolgt. Auch wenn die angestrebte Beschränkung des Kraftfahrzeugverkehrs zum Teil erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen und Privatpersonen haben dürfte, ist der Gestaltungsspielraum des Volksgesetzgebers nicht überschritten. Dabei hat der Verfassungsgerichtshof berücksichtigt, dass der Gesetzentwurf Sondernutzungserlaubnisse für den Güter- und Personenwirtschaftsverkehr, für Privatfahrten, Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigungen sowie Härtefälle vorsieht, die diese Belastungen abmildern.
Im nächsten Schritt ist der Gesetzentwurf im Abgeordnetenhaus von Berlin zu beraten. Sofern dieses den Gesetzentwurf nicht annimmt, kann die Trägerin die Durchführung des Volksbegehrens verlangen. Stimmen mindestens 7 % der Stimmberechtigten dem Volksbegehren zu, ist ein Volksentscheid durchzuführen.
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Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ist mit 8:1 Stimmen ergangen. Der Richter Prof. Dr. Burholt hat ein Sondervotum verfasst.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.06.2025
Quelle: Verfassungsgerichtshof Berlin, ra-online (pm/pt)