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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil20.09.2012

Sperr­zeit­ver­län­gerung für Spielhallen ist unwirksamVerlängerte Sperrzeiten für Spielhallen ohne erforderliches atypisches örtliches Gefah­ren­po­tenzial nicht möglich

Der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg hat die Verordnung der Stadt Pforzheim über die Festsetzung einer verlängerten Sperrzeit für Spielhallen vom 13. Dezember 2011 für unwirksam erklärt, da das für eine Sperr­zeit­ver­län­gerung erforderliche atypische örtliche Gefah­ren­po­tenzial nicht vorliegt. Dieses folgt weder aus dem Anwachsen der Zahl von Geldspiel­geräten in Pforzheimer Spielhallen noch aus der im Vergleich zum Landes­durch­schnitt geringeren Anzahl von Einwohnern je Spielhallen-Geldspielgerät.

Gegenstand des Verfahrens war eine Verordnung der Stadt Pforzheim, die das Ende der (um Uhr beginnenden) allgemeinen Sperrzeit für Spielhallen von 6 Uhr auf 11 Uhr hinausschob. Die Stadt verfolgte mit dieser Verlängerung der Sperrzeit das Ziel, Spiel­ha­l­lengäste vor Ausbeutung zu bewahren und der Entstehung von Spielsucht entge­gen­zu­wirken. Sie stützte sich insbesondere auf ein statistisch belegtes stetiges und sprunghaftes Anwachsen von Geldspiel­geräten in Pforzheimer Spielhallen, eine im Vergleich zum Landes­durch­schnitt geringere Zahl von Einwohnern je Spielhallen-Geldspielgerät sowie eine gestiegene Nachfrage nach Beratung in ihrer psychosozialen Beratungs- und Behand­lungs­stelle für Suchtkranke. Die Antragsteller sahen sich in ihrer Berufsfreiheit verletzt und argumentierten, eine Verlängerung der Sperrzeit sei mangels eines atypischen örtlichen Sachverhalts nicht gerechtfertigt.

Anzeichen für besonderes atypisches Gefah­ren­po­tential nicht erkennbar

Dieser Auffassung ist der Verwal­tungs­ge­richtshof allerdings nicht gefolgt. Eine Verlängerung der in der Gaststät­ten­ver­ordnung des Landes Baden-Württemberg für Spielhallen bestimmten allgemeinen Sperrzeit sei nur bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse zulässig. Insoweit könnten zwar auch Gesichtspunkte des Spielerschutzes und der Eindämmung von Spielsucht eine Sperrzeitverlängerung rechtfertigen. Dies erfordere aber ein atypisches Gefahrenpotenzial im Zustän­dig­keits­bereich des örtlichen Verord­nungs­gebers, das insbesondere auch die im Ersten Glückss­pie­l­än­de­rungs­staats­vertrag zum Ausdruck kommenden Wertungen des Gesetzgebers in Frage stelle. Ein solches besonderes Gefah­ren­po­tenzial sei in Pforzheim nicht erkennbar. Es ergebe sich zunächst nicht durch das stetige und sprunghafte Anwachsen der Zahl in Pforzheim aufgestellter Geldspielgeräte in Spielhallen. Denn diese Entwicklung entspreche einem landesweiten Trend und sei keine örtliche Besonderheit gerade der Stadt Pforzheim, wie die Markt­ent­wicklung der Geldspielgeräte in Spielhallen von 2006 bis 2012 in Baden-Württemberg verdeutliche. Für das Verhältnis von Einwohnern je Spielhallen-Geldspielgerät gelte nichts Anderes. Es gebe in Baden-Württemberg zahlreiche Kommunen mit einer noch niedrigeren oder in etwa gleichen Quote wie in Pforzheim. Schließlich sei auch kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass in Pforzheim die schädlichen Folgen des Missbrauchs von Glücksspiel deutlicher als in anderen Gemeinden Baden-Württembergs zu Trage träten. Die Stadt habe zwar dargelegt, dass der Beratungsbedarf in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen sei und dass neue Spielautomaten schneller zur Abhängigkeit führten. Dass sich diese Entwicklung in Pforzheim signifikant deutlicher als in anderen Gemeinden manifestiere, lasse sich den vorgelegten Unterlagen aber nicht entnehmen.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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