Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss01.08.2022
Keine Anfechtbarkeit von sitzungspolizeilichen Anordnungen des GerichtsAnordnungen des Gerichts zum Infektionsschutz während Corona-Pandemie
Sitzungspolizeiliche Anordnungen sind auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht angreifbar. Trifft das Gericht daher zum Infektionsschutz während einer Virus-Pandemie Anordnungen, so sind diese nicht anfechtbar. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Rahmen eines Klageverfahrens gegen die Zahlung des Rundfunkbeitrags vor dem Verwaltungsgericht Freiburg sollte im Februar 2022 ein Verhandlungstermin stattfinden. Wegen der herrschenden Corona-Pandemie ordnete die Richterin unter anderem an, dass die Teilnahme an dem Termin nur geimpften, genesenen oder getesteten Personen gestattet ist. Zudem ordnete die Richterin an, dass sämtliche Verfahrensbeteiligte einen Atemschutz tragen mussten. Gegen diese Anordnungen legte der Kläger Beschwerde ein.
Unzulässigkeit der Beschwerde gegen sitzungspolizeiliche Anordnungen
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hielt die Beschwerde des Klägers für unzulässig. Sitzungspolizeiliche Anordnungen seien nicht angreifbar Denn die §§ 176 ff. GVG enthalten eine spezielle und abschließende Regelung zur Kompetenzverteilung, die eine Beschwerde ausschließe. Insofern stehe die Gewährleistung eines ungehinderten Verfahrensablaufs im Vordergrund. Dieser solle durch einen Streit um die sitzungspolizeiliche Anordnung nicht gestört werden. Soweit vertreten wird, dass die Regelungen des GVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch die §§ 146 ff. VwGO verdrängt werden, verwies der Verwaltungsgerichtshof darauf, dass eine Beschwerde an § 146 Abs. 2 VwGO scheitere. Denn danach können prozessleitende Verfügungen nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
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Möglichkeit der Beschwerde in Ausnahmefällen
Die Möglichkeit einer Beschwerde gegen sitzungspolizeiliche Anordnungen sei ausnahmsweise für den Strafprozess unter der Voraussetzung angenommen worden, so der Verwaltungsgerichtshof, dass der sitzungspolizeilichen Anordnung eine über die Dauer der Hauptverhandlung oder über die Rechtskraft des Urteils hinausgehende Wirkung zukomme und insbesondere Grundrechte oder andere Rechtspositionen des von der Maßnahme Betroffenen dauerhaft tangiert und beeinträchtigt werden. Die Voraussetzungen für eine solche Ausnahme liege hier nicht vor. Denn die Anordnungen hätten ihre Wirkung nur während des Termins entfaltet.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 09.05.2025
Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, ra-online (vt/rb)