23.11.2024
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil23.02.2011

Sexuelle Vergnügungen können mit Vergnü­gungs­steuer besteuert werdenGemeinden in Baden-Württemberg dürfen von Veranstaltern Abgaben für sexuelle Vergnügungen erheben

Der Betreiber eines Bordells darf zur Vergnü­gungs­steuer herangezogen werden. Dies hat der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg entschieden. Die Steuer kann nach dem Flächenmaßstab erhoben werden. Danach sind nicht nur einzelne Zimmer, in denen die sexuellen Kontakte tatsächlich stattfinden zu besteuern, sondern auch andere Flächen, die mit dem Vergnügen untrennbar verbunden sind (z.B. Kontakthof und Café).

Die Klägerin betreibt in Leinfelden-Echterdingen ein sog. „Laufhaus“ mit 33 Zimmern, die an Prostituierte vermietet werden, einem Kontakthof mit verschiedenen Spiel- und Fernsehgeräten und einem Café. Die Stadt Leinfelden-Echterdingen erhebt seit 01.01.2008 von den Unternehmen, die bestimmte Vergnügungen mit sexuellem Hintergrund veranstalten, Vergnügungssteuer, darunter auch für die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bordellen“. Für das Jahr 2008 setzte sie gegenüber der Klägerin eine Vergnü­gungs­steuer in Höhe von insgesamt 53.504,-- EUR fest. Mit ihrer dagegen gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, nicht sie, sondern allenfalls die bei ihr tätigen Prostituierten seien Steuerschuldner. Zudem sei der Flächenmaßstab eine unzulässige Bemes­sungs­grundlage, weil er den individuellen Vergnü­gungs­aufwand nicht ausreichend berücksichtige. Sachgerechter sei eine Anknüpfung der Steuer an die zeitliche Nutzung der Zimmer durch die Prostituierten.

Verwal­tungs­gericht bezog bestimmte Flächen nicht in Vergnü­gungs­steuer ein

Das Verwal­tungs­gericht Stuttgart (Urteil v. 10.12.2009 - 8 K 3904/09 -) hat den Vergnü­gungs­steu­er­be­scheid nur in Höhe von 30.524,56 EUR als rechtmäßig angesehen. Es meinte, die Flächen des Kontakthofs und des Cafés dürften im Rahmen des Flächenmaßstabs nicht berücksichtigt werden, und gab der Klage daher teilweise statt. Auf die Berufung der Beklagten hat der VGH das Urteil abgeändert und die Erhebung der Vergnü­gungs­steuer bei der Klägerin insgesamt für rechtmäßig erklärt.

VGH: Vergnü­gungs­steuer kann auch für Vergnügungen sexueller Art erhoben werden

Die Vergnü­gungs­steuer sei eine typische örtliche Aufwandsteuer, die auf dem allgemeinen Gedanken beruhe, dass demjenigen, der sich ein Vergnügen leiste, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden könne, heißt es in der Begründung des Berufungs­urteils. Gegenstand der Vergnü­gungs­steuer könnten Vergnügungen jeglicher Art sein und damit auch Vergnügungen sexueller Art. Unerheblich sei, dass die Steuer nicht bei den sich vergnügenden Besuchern der jeweilige Einrichtung, die sie im Grunde treffen solle, sondern zur Vereinfachung bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben werde. Es reiche in diesem Zusammenhang aus, wenn dieser die Möglichkeit habe, die Steuer auf die Besucher abzuwälzen. Dass im Fall der Klägerin eine Abwälzung der Vergnü­gungs­steuer faktisch unmöglich wäre, sei nicht ersichtlich.

VGH: Vergnü­gungs­steuer kann nach der Veran­stal­tungs­fläche berechnet werden

Es verstoße nicht gegen höherrangiges Recht, die Vergnü­gungs­steuer nach der Veran­stal­tungs­fläche zu bemessen, so der VGH weiter. Mit der Größe der Veran­stal­tungs­fläche würden typischerweise auch die Einnahmen steigen, weil mehr Gäste aufgenommen werden könnten. Der bei einer Veranstaltung erzielte Umsatz stehe auch in Relation zu dem durch­schnitt­lichen Aufwand der Veran­stal­tungs­be­sucher und stelle so den geforderten Bezug zwischen der Veran­stal­tungs­fläche und dem im Ergebnis zu besteuernden Aufwand her. Zu Recht habe die Stadt auch die Klägerin und nicht die einzelnen Prostituierten als Steuer­schuldnerin herangezogen. Sie stelle nicht lediglich den Prostituierten die Räumlichkeiten zur Verfügung, vielmehr liege die Gesamt­kon­zeption des „Laufhauses“ ausschließlich in ihren Händen. Aufgrund dieser unter­neh­me­rischen Tätigkeit würden ihr auch die entsprechenden Einnahmen zufließen.

VGH: Flächen des Kontakthofs und des Cafés durfen bei Steuererhebung miteinbezogen werden

Schließlich hat die Stadt nach Auffassung des VGH der Steuererhebung zu Recht nicht nur die Flächen der Zimmer der Prostituierten, sondern auch diejenigen des Kontakthofs und des Cafés zugrunde gelegt. Der unmittelbare sexuelle Kontakt zwischen Prostituierten und Kunden finde zwar nur in den einzelnen Zimmern statt. Bei einer sinno­ri­en­tierten Gesamtschau machten aber gerade auch der Kontakthof und das Café den besonderen Charakter des Bordells aus und trügen damit zur Attraktivität der vergnü­gungs­steu­er­pflichtigen Veranstaltung bei. Die Kombination verschiedener Servicebereiche und Aufent­halts­mög­lich­keiten solle den Kunden anziehen und sei deshalb untrennbar mit den (verbesserten) Geschäft­s­chancen auch der Klägerin verbunden.

Quelle: ra-online, Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (pm/pt)

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