21.11.2024
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil18.04.2018

Kein Anspruch auf BAföG für Besuch einer Privatschule bei zumutbarem Besuch des Gymnasiums am WohnortAllge­mein­bil­dendes Gymnasium mit entsprechendem Ausbil­dungs­profil wie Privatschule gilt als zumutbare Ausbil­dungs­stätte

Der Verwaltungs­gerichts­hof Baden-Württemberg hat entschieden, dass ein Schüler dann keine Ausbildungs­förderung nach dem BAföG für den weiteren Besuch eines privaten Gymnasiums mit Internat erhalten kann, wenn ein wohnortnahes Gymnasium vorhanden und dessen Besuch zumutbar ist.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls besuchte seit dem 5. Schuljahr die V-Schule, eine staatliche anerkannte und genehmigte Ersatzschule in Bayern. Dort war sie in dem angegliederten Internat untergebracht. Bei der V-Schule handelt es sich um eine reine Mädchenschule für Mädchen mit und ohne Migra­ti­o­ns­hin­tergrund mit einem Gymnasium natur­wis­sen­schaft­licher Prägung, das in gebundener Ganztagesform (incl. Intensivierungs- und Ergän­zungs­un­terricht, Hausauf­ga­ben­be­treuung und Nachhil­fe­un­terricht) unterrichtet.

Klägerin beantragt BAföG für weiteren Schulbesuch

Im September 2015 beantragte die Klägerin Ausbil­dungs­för­derung nach dem BAföG für den Besuch der Jahrgangsstufe 11 an der V-Schule. Mit Bescheid vom 28. September 2015 lehnte der beklagte baden-württem­ber­gische Landkreis den Antrag mit der Begründung ab, mit dem Gymnasium W. stehe eine entsprechende Ausbil­dungs­stätte zur Verfügung. Widerspruch und Klage der Klägerin vor dem Verwal­tungs­gericht Sigmaringen blieben erfolglos.

Voraussetzungen für Erhalt von BAföG nicht erfüllt

Der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg wies die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwal­tungs­ge­richts zurück. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Gewährung von Ausbil­dungs­för­derung in § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG u.a. voraussetze, dass der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohne und von der Wohnung der Eltern aus eine entsprechende zumutbare Ausbil­dungs­stätte nicht erreichbar sei. Hier wohne die Klägerin zwar nicht bei ihren Eltern, von deren Wohnung in W. aus sei eine entsprechende zumutbare Ausbil­dungs­stätte aber erreichbar. Das allge­mein­bildende Gymnasium W. sei eine zumutbare Ausbil­dungs­stätte, weil es die Möglichkeit biete, ein natur­wis­sen­schaft­liches Profil zu wählen. Damit entspreche es der V-Schule, die hinsichtlich des Ausbil­dungs­ganges im Ausbil­dungs­stät­ten­ver­zeichnis als natur­wis­sen­schaftlich-technisches Gymnasium gelistet sei. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin an dieser Schule trotz Bewerbung keinen Platz für das streit­ge­gen­ständliche Schuljahr 2015/16 erhalten hätte.

Besonderer migra­ti­o­ns­ty­pischer Förderbedarf bei Klägerin nicht feststellbar

Soweit in der Rechtsprechung teilweise vertreten werde, dass es an der Zumutbarkeit der Ausbil­dungs­stätte fehle, wenn die wohnortnahe Schule zwar den gleichen Schulabschluss vermittele wie die gewählte Ausbil­dungs­stätte, anders als diese aber eine spezielle Betreuung für Migranten (z.B. Sprachförderung; spezielle, migra­ti­o­ns­ty­pische Defizite ausgleichende Hausauf­ga­ben­be­treuung) nicht anbiete, könne der Verwal­tungs­ge­richtshof offenlassen, ob er sich dieser Rechtsprechung anschließen würde. Denn bei der Klägerin könne bezogen auf den September 2015 kein besonderer migra­ti­o­ns­ty­pischer Förderbedarf festgestellt werden. Hinzu komme, dass die gewählte V-Schule keine spezielle Ausrichtung am Förderbedarf von Schülern mit Migra­ti­o­ns­hin­tergrund erkennen lasse. Bei den Leistungen, die dort am Nachmittag über den regulären Unterricht hinaus erbracht würden, handele es sich um Angebote der angegliederten Inter­nats­be­treuung, die grundsätzlich ausbil­dungs­rechtlich unbeachtlich seien. Aus diesem Grund handele es sich bei den Inten­si­vie­rungs­stunden, der Hausauf­ga­ben­be­treuung und der Nachhilfe im Rahmen einer Ganzta­ges­be­treuung auch nicht um ein spezifisches Unter­richts­angebot, welches dieser Schule insgesamt eine besondere Prägung gäbe.

Künftig nicht möglicher Besuch des Spani­sch­un­ter­richts hat bisherige Ausbildung nicht geprägt

Die Verweisung der Klägerin auf das Gymnasium W. sei für das Schuljahr 2015/16 auch mit Rücksicht darauf zumutbar, dass der Wechsel zu Beginn der 11. Klasse und damit innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren vor dem Abitur hätte stattfinden müssen. Denn die Klägerin habe die im Zeitpunkt ihrer BAföG-Antragstellung bestehende Situation, in der Jahrgangsstufe 11 ein privates Gymnasium zu besuchen, aufgrund eigener Entscheidung selbst herbeigeführt durch die Wahl der auswärtigen Schule ab Klasse 5 auf Basis vollständiger Finanzierung durch die Eltern. Auch die Tatsache, dass die Klägerin bei einem Wechsel auf das Gymnasium W. das Fach Spanisch nicht hätte weiterführen können, habe den Wechsel nicht unzumutbar gemacht. Denn sie habe Spanisch erst in der Klasse 10 und auch nur mit drei Wochenstunden belegt. Das Fach habe daher ihre bisherige Ausbildung nicht geprägt.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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