23.11.2024
23.11.2024  
Sie sehen eine Reihe mit gelben Aktenordnern, die mit Barcodes markiert sind.
ergänzende Informationen

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil26.07.2012

Keine abstrakte Polizeigefahr: Glasverbot am Konstanzer Bodenseeufer ist nicht durch Polizeigesetz gedeckt und unwirksamReine Vorsor­ge­maß­nahmen durch Polizeigesetz nicht gedeckt

Wegen nicht bestehender abstrakter Polizeigefahr, wurde nunmehr das Glasverbot am Bodenseeufer für unwirksam erklärt. Dies hat das Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg (VGH) in einem Normen­kon­trol­lantrag entschieden.

Gegenstand des Normen­kon­troll­ver­fahrens war ein Verbot in einer Polizeiverordnung der Stadt Konstanz vom Juli 2011. Danach war das Mitführen zerbrechlicher Behältnisse verboten, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar war, dass deren Inhalt beim dauerhaften Verweilen konsumiert werden sollte. Die Verordnung galt für die Abend- und Nachtstunden an drei Abschnitten des Bodenseeufers und des Rheinufers. Mit ihr wollte die Stadt den Verletzungen vorbeugen, die Besucher sich durch umherliegende Scherben zuziehen können.

Antragsteller sieht sich in seiner allgemeinen Handlungs­freiheit verletzt

Ein Konstanzer Student hatte das "Glasverbot" mit einem Normen­kon­trol­lantrag angegriffen. Er sah sich in seiner allgemeinen Handlungs­freiheit verletzt. Die Stadt dürfe eine Polizei­ver­ordnung erst erlassen, wenn bereits eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bestehe. Das Verbot des bloßen Mitführens von zerbrechlichen Behältnissen sei aber eine Maßnahme, die schon im Gefahrenvorfeld ansetze. Dem ist der VGH gefolgt.

Keine nachvoll­ziehbare Statistik bzw. Hochrechnung über Rückgang von Verletzungen

Der Erlass einer Polizei­ver­ordnung erfordere nach dem Polizeigesetz das Vorliegen einer abstrakten Polizeigefahr. Die Schwelle zu einer solchen Gefahr sei erst überschritten, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass das verbotene Verhalten regelmäßig und typischerweise erhebliche Rechts­gut­ver­let­zungen zur Folge habe. Das sei hier nicht der Fall. Zwar stehe außer Zweifel, dass von Glas- und Porzel­lan­scherben ein gewisses Risiko ausgehe. Im Normenkontrollverfahren habe sich aber nicht feststellen lassen, inwieweit es in dem betroffenen Gebiet in der Vergangenheit zu entsprechenden Schnitt­ver­let­zungen gekommen sei. Es fehle an einer nachvoll­ziehbaren Statistik oder auch nur Hochrechnung. Die Stadt Konstanz habe nicht belegen können, dass es nach Erlass mehrerer einmonatiger Polizei­ver­ord­nungen in der Vergangenheit zu einem Rückgang der Verletzungen gekommen sei. Ebenso wenig sei der von ihr behauptete Anstieg des Scher­ben­auf­kommens nach Auslaufen der einmonatigen Polizei­ver­ord­nungen nachgewiesen. Die wenigen aktenkundigen Verletzungen stellten sich daher als Einzelfälle dar.

Polizei­ver­ordnung nur zur Abwehr polizeilicher Gefahren

Der VGH betont, dass reine Vorsor­ge­maß­nahmen durch die Ermäch­ti­gungs­grundlage im Polizeigesetz nicht gedeckt seien. Die Exekutive dürfe das besondere Mittel der Polizei­ver­ordnung nur zur Abwehr polizeilicher Gefahren einsetzen. Im Bereich der Gefah­ren­vorsorge sei es allein Sache des Gesetzgebers, Risiken zu bewerten und zu bewältigen. Damit bestätigt der VGH seine langjährige Rechtsprechung.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil13929

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI