Dokument-Nr. 30682
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss05.08.2021
Polizeiverordnung Konstanz: Verbot des nächtlichen Betriebs von Bluetooth-Lautsprechern bleibt in KraftVerbot des nächtlichen Spielens vorläufig außer Vollzug gesetzt
Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat einen Eilantrag gegen die Polizeiverordnung der Stadt Konstanz (Antragsgegnerin) über ein nächtliches Musik- und Spielverbot abgelehnt, soweit diese ein Verbot des nächtlichen Betriebs von Bluetooth-Lautsprechern bis zum 4. Oktober 2021 enthält; dieses Verbot bleibt daher bestehen. Der Eilantrag gegen ein nächtliches Verbot des Spielens hatte jedoch Erfolg; diese Regelung wurde vom VGH vorläufig außer Vollzug gesetzt.
Gegen die befristete „Polizeiverordnung 2021 über ein nächtliches Musik- und Spielverbot im öffentlichen Raum“ bis zum 4. Oktober 2021 wandten sich sechs in Konstanz wohnende Antragsteller am 9. Juni 2021 mit einem Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO. Sie brachten vor, sie seien an Wochenenden regelmäßige Besucher des Herosé-Parks und der angrenzenden Seepromenade und wollten sich auch nach 22.00 Uhr dort zum gemeinsamen Kartenspiel, Schachspiel und anderen Gesellschaftsspielen treffen und dabei Musik hören. Das verbiete die Verordnung und greife damit in ihre Grundrechte ein.
VGH: Schutz der Gesundheit als Grund für Musikverbot wohl zulässig
Der Antrag zum Musikverbot in § 2 der Verordnung vom 27. April 2021 blieb ohne Erfolg. Zur Begründung der Antragsablehnung führt der VGH aus, die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrags in der Hauptsache wären offen. Es sprächen aber gute Gründe dafür, dass ein solcher Antrag unbegründet wäre. Durch laute Musik in der Zeit der Nachtruhe könnten Gefährdungen der Gesundheit der Anwohner eintreten. Der Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren zähle zu den überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern. Ausweislich der Akten komme es in den Gebieten bewohntes Seerheinufer/Herosé-Park/Seestraße in den Sommermonaten zur Nachtzeit durchgängig zum Abspielen von Musik insbesondere aus Musikboxen.
Eingriff in Rechte der Antragsteller verhältnismäßig
Der damit verbundene Eingriff in die Rechte der Antragsteller sei für diese verhältnismäßig. Der Gesundheitsschutz habe hier Vorrang vor den Belangen der durch das Verbot Betroffenen. Der Eingriff in ihre Rechte sei vergleichsweise geringfügig, da das Abspielen von Musik auf anderen, vom Verbot nicht erfassten öffentlichen Flächen im Gebiet der Antragsgegnerin möglich sei. Offen sei allerdings, ob es Gründe für das Musikverbot auch in den Vororten gebe. Denn insoweit sei den vorgelegten Akten nicht zu entnehmen, dass das Abspielen lauter Musik mit Rundfunk- und Fernsehgeräten, Lautsprechern, Bluetooth-Boxen und Tonwiedergabegeräte dort zu nennenswerten Störungen der Nachtruhe geführt habe und insoweit eine polizeirechtlich relevante Gefahrenlage bestehe. Vergleichbares gelte für das Spielen von Musikinstrumenten. Gleichwohl bestehe auch in diesen beiden Punkten kein Anlass für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Denn die Antragsteller machten nur geltend, sich im Bereich des Herosé-Parks und der angrenzenden Seepromenade treffen und dabei Musik hören zu wollen. Es sei nicht erkennbar, dass sie in anderen Bereichen in der Nachtzeit Musik hören oder dass sie nachts Musikinstrumente spielen wollten.
Antrag zum Spielverbot erfolgreich
Der Antrag zum Spielverbot hatte hingegen Erfolg. Der VGH setzte § 3 der Verordnung vom 27. April 2021 vorläufig außer Vollzug. Zur Begründung führt der VGH aus, die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrags in der Hauptsache gegen diese Vorschrift seien offen. Es sprächen aber gute Gründe dafür, dass ein solcher Antrag begründet wäre. Das Verbot des § 3 beschränke sich nicht nur auf Trinkspiele, die nach den Akten zu Störungen der Nachtruhe geführt hätten. In den Anwendungsbereich der Vorschrift fielen nach dem klaren Wortlaut Spiele jeder Art. Mithin seien z.B. Gesellschaftsspiele (Kartenspiele, Würfelspiele, Brettspiele etc.), Bewegungsspiele (Fangen, Verstecken, Gummitwist etc.), Sport jedenfalls in bestimmter Form (Federball spielen, Tischtennis spielen etc.) Gegenstand des Verbots. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass jegliche Art des Spielens in der Zeit von 22:00 bis 6.00 Uhr im räumlichen Geltungsbereich der Verordnung zu einer Störung der Nachtruhe von Anwohnern führen könne, könnten den Akten nicht entnommen werden. Das Polizeigesetz gestatte jedoch nicht den Erlass eines Verbots für Verhaltensweisen, von denen keine polizeiliche Gefahr ausgehe.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.08.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof, Baden-Württemberg, ra-online (pm/ab)
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