18.10.2024
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Verwaltungsgericht Wiesbaden Beschluss31.03.2009

Akkre­di­tie­rung­s­praxis für NATO-Gipfel rechtswidrigJournalisten hatten Eilverfahren angestrengt

Für eine Presseak­kre­di­tierung eines Journalisten bei der Nato für den Nato-Gipfel vom 03. bis 04. April 2009 darf das Bundes­kri­mi­nalamt gegenüber dem Nato-Hauptquartier mangels einer Rechtsgrundlage keine Äußerung abgeben. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Wiesbaden entschieden.

Der Antragsteller, ein Fotojournalist, beabsichtigt vom Nato-Gipfel Straßburg/Kehl vom 03. bis 04. April 2009 zu berichten und beantragte - wie es die Bundesregierung durch das Bundespresseamt im Internet mitteilt - bei der Nato die hierfür erforderliche Medie­n­ak­kre­di­tierung. Nachdem dieser Antrag am 25.03.2009 durch das Nato-Hauptquartier zunächst ohne Angabe von Gründen abgelehnt worden war, teilte ihm das Nato-Hauptquartier auf weitere Anfrage mit, dass die Entscheidung auf einem Negativvotum des Bundes­kri­mi­nalamtes beruhe. Beim Bundes­kri­mi­nalamt wurde dem Antragsteller sodann mit Bescheid vom 31.03.2009 mitgeteilt, dass im Rahmen des mit der Nato vereinbarten stand­ar­ti­sierten Akkre­di­tie­rungs­über­prü­fungs­ver­fahrens für den Nato-Gipfel 2009 die persönlichen Daten eines Bewerbers um eine Akkreditierung an das Bundes­kri­mi­nalamt übermittelt würden. Sodann erfolge eine Überprüfung dieser Person mittels eines automatischen Datenabgleichs im polizeilichen Infor­ma­ti­o­ns­system INPOL. Bei dieser Prüfung habe sich ergeben, dass der Antragsteller in INPOL mit dem Hinweis "Straftäter linksorientiert" zugeordnet werde. Anhaltspunkte für rechtskräftige Verurteilungen lägen nicht vor. Bekannt seien nur Verfah­rens­ausgänge, in denen das Strafverfahren nach § 154 StPO oder § 170 Abs. StPO eingestellt oder der Antragsteller freigesprochen worden sei. Ein aktuelles Strafverfahren sei noch anhängig. Dies habe zu dem Negativvotum geführt, das dem Nato-Hauptquartier übermittelt worden sei und dem die abschließende rechtliche Bewertung zukomme.

Auf den Eilantrag des Antragstellers vom 31.03.2009 verpflichtete die 6. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Wiesbaden das Bundes­kri­mi­nalamt mit Beschluss vom gestrigen Abend, das für eine Presseak­kre­di­tierung des Antragstellers bei der Nato für den Nato-Gipfel vom 03. bis 04. April 2009 abgegebene Votum zurückzunehmen und gegenüber dem Nato-Hauptquartier zu erklären, dass jegliches Votum bezüglich Journalisten durch das Bundes­kri­mi­nalamt gegenüber dem Nato-Hauptquartier unzulässig ist.

Das Gericht befand die Übermittlung einer Bewertung an das Nato-Hauptquartier für offensichtlich rechtswidrig, da es an einer entsprechenden Rechtsgrundlage hierfür fehlt. Zwar erlaube das BKA-Gesetz hinsichtlich einer Gefähr­dungs­prognose die Datenübe-mittlung durch das Bundes­kri­mi­nalamt an Dritte. Erforderlich sei dafür jedoch die Verarbeitung und Nutzung perso­nen­be­zogener Daten zur Erfüllung seiner Aufgaben zum Schutz von Mitgliedern der Verfas­sungs­organe des Bundes. Vorliegend gehe es jedoch hauptsächlich um den Schutz von Ministern, Staats­prä­si­denten und Präsidenten vorwiegend anderer Staaten. Zwar gebe es auch die Möglichkeit, an Truppenbehörden von Parteien des Nordat­lan­ti­k­ver­trages in Deutschland Daten zu übermitteln. Davon werde jedoch nicht die Daten­über­mittlung an das Nato-Hauptquartier erfasst, denn dieses sei keine Truppenbehörde in Deutschland.

Eine andere rechtliche Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, so die Kammer, dass der Antragsteller bei seinem Antrag auf Akkreditierung sich selbst damit einverstanden erklärt habe, dass seine Daten gespeichert und in Verbindung mit seiner Akkreditierung verwendet werden. Denn diese Erklärung umfasse keine Zustimmung zur Übermittlung der Daten an das Bundes­kri­mi­nalamt. Insoweit hätte es einer ausdrücklichen Aufklärung und Ermächtigung bedurft.

Auch war das gegebene Negativvotum nach Auffassung der Kammer sachlich nicht begründet. Zwar habe es diverse Eintragungen in INPOL bezüglich des Antragstellers gegeben. Diese seien jedoch nicht weiter spezifiziert worden. Aus den angefallenen Unterlagen ergebe sich vielmehr, dass der Polizei­prä­sident Berlin bezüglich der Verfah­ren­s­ein­stel­lungen darauf hingewiesen habe, dass es für eine möglicherweise hieraus zu treffende Entscheidung erforderlich sein dürfte, die Ermitt­lungsakten bei der Staats­an­walt­schaft beizuziehen. Dies sei durch das Bundes­kri­mi­nalamt nicht erfolgt. Das Bundes­kri­mi­nalamt habe auch nicht dargetan, dass es eine Progno­se­ent­scheidung durchgeführt habe, die den tatsächlichen Gegebenheiten entspreche. Es dränge sich vielmehr der Eindruck auf, dass das Bundes­kri­mi­nalamt es bei Pauscha­laus­künften belassen habe.

Eine weitere Entscheidung in diesem Sinne erging in dem Verfahren 6 L 354/09.WI.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Wiesbaden

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