23.11.2024
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Verwaltungsgericht Wiesbaden Urteil01.06.2022

Gemeinde kann keinen Schadensersatz von ehemaligem Bürgermeister verlangenEhemaliger Bürgermeister haftet nicht für Makler­pro­vi­sionen ohne schriftlichen Verträge

Der frühere Bürgermeister einer Verbands­ge­meinde ist dieser gegenüber nicht zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet ist, wenn der Schaden nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurde. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Neustadt an der Weinstraße.

Mit einer Klage machte die Gemeinde Hünstetten einen Schaden­s­er­satz­an­spruch gegen ihren ehemaligen Bürgermeister in Höhe von 1,6 Mio. € geltend. Der Bürgermeister habe Zahlungen von Makler­pro­vi­sionen in dieser Höhe durch einen Eigenbetrieb zu verantworten, obwohl keine schriftlichen Verträge vorgelegen hätten und eine werthaltige Gegenleistung nicht erfolgt sei.

VG verneint vorsätzlich oder grob fahrlässig Verhalten

Das Verwal­tungs­gericht Wiesbaden hat die Klage abgewiesen. Der Bürgermeister habe eine Pflichtverletzung dadurch begangen, dass er Makler­pro­vi­sionen zur Auszahlung freigegeben habe, obwohl kein schriftlicher Vertrag vorgelegen habe. Die Beauftragung eines Maklers hätte aber eines schriftlichen Vertrages bedurft (vgl. § 71 Abs. 2 HGO), da hiermit Verpflichtungen für die Gemeinde verbunden gewesen seien. In keinem der Fälle, in denen eine Auszahlung von Makler­pro­vi­sionen angeordnet wurde, habe ein schriftlicher Vertrag vorgelegen. Der Bürgermeister handelte bei der Zahlungs­freigabe zwar fahrlässig, nicht aber vorsätzlich oder grob fahrlässig. Dies wäre für einen beamten­recht­lichen Schaden­s­er­satz­an­spruch gegen den Beklagten als ehemaligen kommunalen Wahlbeamten jedoch erforderlich, vgl. § 48 Satz 1 BeamtStG. Der ehemalige Bürgermeister habe in der irrigen Annahme gehandelt, dass aufgrund eines Beschlusses der Gemein­de­ver­tretung vom Dezember 2004 ein Rechtsgrund für die Auszahlungen bestanden habe. Auch wenn der Bürgermeister für die Einhaltung der ordnungsgemäßen Verwaltung Sorge zu tragen habe, so hätte es sich ihm nicht aufdrängen müssen, dass die Rechtsgeschäfte aufgrund fehlender schriftlicher Verträge unwirksam waren. Zu diesem Ergebnis sei auch die Staats­an­walt­schaft Wiesbaden gekommen und habe aus diesem Grund das gegen den Beklagten geführte strafrechtliche Ermitt­lungs­ver­fahren bereits im Jahr 2017 eingestellt.

Bürgermeister war gutgläubig

Weiter sei der Beklagte davon ausgegangen, dass die Beauftragung von Maklern dem Willen der Gemein­de­ver­tretung entsprochen habe und die Beauftragung von Maklern von dem Beschluss der Gemein­de­ver­tretung aus dem Jahr 2004, der die Festlegung von Grund­s­tücks­kauf­preisen und die Abgeltung von „ggfs. anfallenden Vermitt­lungs­ge­bühren“ mit dem Kaufpreis beinhaltete, umfasst gewesen sei. Die Beschluss­vorlage sei von einer Wirtschafts­prü­fungs­ge­sell­schaft entworfen worden, um das Handeln der Gemeinde rechtlich abzusichern. Gegen das Urteil kann die Klägerin einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen, über den der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof in Kassel zu entscheiden hätte.

Quelle: Verwaltungsgericht Wiesbaden, ra-online (pm/ab)

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