21.11.2024
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Verwaltungsgericht Weimar Urteil14.03.2019

Windpocken: Schul­betretungs­verbot als notwendige Schutzmaßnahme zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten zulässigSchul­betretungs­verbot stellt geeignete Maßnahme nach dem Infektions­schutz­gesetz dar

Das Verwal­tungs­gericht Weimar hat entschieden, dass ein Schul­betretungs­verbot als notwendige Schutzmaßnahme zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten (hier Windpocken) zulässig ist. Das Schul­betretungs­verbot stellt eine geeignete Maßnahme nach dem Infektions­schutz­gesetz dar.

In dem zugrunde liegenden Eilverfahren hatte sich eine Mutter gegen den Ausschluss ihrer beiden Kinder von der Schule für 16 Tage gewehrt. Die Kinder hatten im Rahmen einer Faschings­ver­an­staltung an ihrer Schule Kontakt zu einem an Windpocken erkrankten Kind, waren aber bis zum Schulausschluss selbst nicht erkrankt.

Behörde stuft Kinder zutreffend als Anste­ckungs­ver­dächtige ein

Das Verwal­tungs­gericht Weimar entschied, dass die Behörde die Kinder zutreffend als Anste­ckungs­ver­dächtige eingestuft habe, weil sie mit hinreichender Wahrschein­lichkeit Kontakt zu einer infizierten Person hatten. Windpocken seien nach der Begründung hoch ansteckend, so dass es naheliege, durch den engen Kontakt der Kinder bei der Veranstaltung eine Anste­ckungs­gefahr anzunehmen.

Schul­be­tre­tungs­verbot ist notwendige Schutzmaßnahme

Außerdem sei das Schul­be­tre­tungs­verbot hier die im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 1 Infek­ti­o­ns­schutz­gesetz notwendige Schutzmaßnahme. Nach dieser Vorschrift trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, wenn Kranke, Krank­heits­ver­dächtige oder Anste­ckungs­ver­dächtige festgestellt werden, soweit und solange dies zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.

Schul­be­tre­tungs­verbot bei fehlendem vollständigen Impfschutz zulässig

Das Schul­be­tre­tungs­verbot sei eine geeignete Maßnahme in diesem Sinne und hier auch erforderlich, da die Kinder der Antragstellerin keinen vollständigen Impfschutz hätten (zweimalige Impfung) und aktuell auch keine nachträgliche Schutzimpfung (Riege­lungs­impfung) erhalten hätten. Darin sei kein unzulässiger faktischer Impfzwang zu sehen, die Schutzimpfung sei freiwillig, so dass das Recht des Betroffenen gewahrt bleibe, sich nicht impfen zu lassen. Für Windpocken liege eine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut vor. Die von der Behörde empfohlene Impfung, die zu einer Aufhebung des Schul­be­tre­tungs­verbotes führen könne, stelle lediglich neben dem Schulausschluss eine weitere zulässige Alternative zur Gefahrenabwehr dar.

Es sei auch nicht zu erkennen, dass die mit dem Betretungsverbot verbundenen Beein­träch­ti­gungen der Kinder einen unzumutbaren Belastungsgrad erreichten. Die Situation stelle sich nicht anders dar als bei kurzzeitigen krank­heits­be­dingten Fehlzeiten von Schülern.

Anste­ckungs­gefahr und Weiter­ver­brei­tungs­risiko bei geimpften und nichtgeimpften Kindern evident unterschiedlich

In dem Schul­be­tre­tungs­verbot liege ebenfalls keine Ungleich­be­handlung von nichtgeimpften Kindern mit geimpften Kindern. Eine Impfung gewähre zwar keinen absoluten Schutz vor Erkrankung, aber immerhin einen sehr hohen Schutz, was sich auch im Rückgang der Erkrankungen infolge der Impfempfehlung zeige. Auch eine Riege­lungs­impfung sei nach Angaben des Robert-Koch-Instituts bei einem zeitlichen Abstand zur Exposition von maximal fünf Tagen noch wirksam. Die Anste­ckungs­gefahr und das Weiter­ver­brei­tungs­risiko seien deshalb bei geimpften und nichtgeimpften Kindern so evident unterschiedlich, dass eine unter­schiedliche Behandlung geboten sei.

Quelle: Verwaltungsgericht Weimar/ra-online (pm/kg)

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