18.10.2024
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Dokument-Nr. 31955

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Verwaltungsgericht Trier Urteil21.06.2022

Corona-Schutzmaßnahmen nicht eingehalten: JVA Beamtin darf aus Dienst entfernt werdenVerweigerung von Corona-Tests stellt schweres Dienstvergehen dar und rechtfertigt Entfernung aus den Dienst

Das Verwal­tungs­gericht Trier hat eine Justiz­vollzugs­beamtin, die sich u.a. geweigert hat, dienstliche Anordnungen in Bezug auf die Corona-Pandemie umzusetzen, aus dem Dienst entfernt.

Der Beamtin wurde im Rahmen des gegen sie eingeleiteten Diszi­pli­na­r­ver­fahrens zur Last gelegt, beharrlich kundgetan zu haben, sich nicht an eine Hausverfügung zur Umsetzung der 26. Corona-Bekämp­fungs­ver­ordnung RLP in Bezug auf die Corona-Testpflicht nach längerer Abwesenheit vom Arbeitsplatz halten zu wollen. Sie werde sich auch vor dem anstehenden Einsatztraining und Dienstsport nicht testen lassen. Ihre Verwei­ge­rungs­haltung äußerte sie in einer an den Leiter der JVA adressierten E-Mail, unmittelbar gegenüber ihrem Vorgesetzten sowie in einem anlassbezogenen Perso­nal­ge­spräch. Außerdem äußerte sie sich gegenüber Kollegen, dem unmittelbaren Vorgesetzten und dem Leiter der JVA wiederholt in hohem Maße kritisch gegen die staatlichen Maßnahmen zur Pande­mie­be­kämpfung, indem sie die Corona-Pandemie u.a. als "Propa­gan­da­zirkus, gezielte Angst- und Panikmache sowie gezielte Täuschung des Staates" bezeichnete. Ferner riet sie Gefangenen mit der Begründung, dass der Impfstoff noch in einer experimentellen Phase stecke und ein Versuch am Menschen sei, von einer Impfung ab. Im März 2022 hat das Land beim erkennenden Gericht Klage mit dem Ziel der Entfernung der Beamtin aus dem Dienst erhoben.

Erhebliche Störung des Vertrau­ens­ver­hält­nisses

Das VG werteten die beharrliche Verwei­ge­rungs­haltung der Beamtin sowie ihre wiederholten inner­dienst­lichen Äußerungen in Bezug auf die staatlichen Maßnahmen zur Pande­mie­be­kämpfung sowie zur Impfung als einheitliches schweres Dienstvergehen, mit dem die Beamtin das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe. Ein Beamter müsse auch und gerade durch sein Verhalten innerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordere. Dabei könne eine ernsthaft gemeinte Ankündigung eines Beamten, einer Weisung zukünftig nicht Folge leisten zu wollen - ebenso wie ein Gehor­sams­verstoß selbst - bereits eine erhebliche Störung des Vertrau­ens­ver­hält­nisses zur Folge haben. Die Gehor­sams­pflicht gehöre zum Kernbereich der einem Beamten obliegenden Dienstpflichten. Eine ernst gemeinte Verwei­ge­rungs­haltung berühre im hochsi­cher­heits­re­le­vanten Bereich einer JVA grundsätzlich den Kernbereich des beamten­recht­lichen Dienst- und Treue­ver­hält­nisses.

Trotz eigener Überzeugung an Recht und Gesetz gebunden

Die Beamtin habe die Coronatests erkennbar nicht wegen eines damit verbundenen Eingriffs in ihre psychische oder physische Integrität oder aus gesund­heit­lichen Gründen abgelehnt, sondern alleine, weil sie deren Sinnhaftigkeit in Zweifel gezogen habe. Es stehe ihr jedoch nicht zu, mit Überlegungen, dass das Testen oder Impfen nicht zielführend sei, da es mutmaßlich keine Corona-Pandemie gebe, die wissen­schaftliche Rechtfertigung von Schutzmaßnahmen in Frage zu stellen, zu deren Umsetzung eine JVA nach der geltenden Rechtsordnung verpflichtet sei. Mit ihren Äußerungen habe die Beamtin auch eindeutig die Grenze der grundgesetzlich gewährleisteten Meinungs­freiheit überschritten, da sie den Rahmen sachlicher Kritik an Maßnahmen zur Pande­mie­be­kämpfung weit verlassen habe. Ein Beamter sei an Recht und Gesetz gebunden; ihm stehe es gerade nicht frei, diesen zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zählenden Grundsatz nur bei Vereinbarkeit mit seiner eigenen Überzeugung zu berücksichtigen und anderenfalls durch sein Verhalten zu unterwandern. Außerdem habe die Beamtin ihr Vertrau­ens­ver­hältnis zu den von ihr zu betreuenden Gefangenen dazu ausgenutzt, diese im Rahmen einer Abfrage der Impfbe­reit­schaft durch gezielte einseitige, manipulative Informationen von einer Impfung abzuhalten, womit sie gegen ihre Pflicht zur gewissenhaften Pflich­t­er­füllung im Strafvollzug verstoßen habe.

Im hohen Maße treuwidrig verhalten

Mit ihrem Verhalten habe die Beamtin klar zu erkennen gegeben, dass sie sich aus allein eigennützigen Motiven an die aus Fürsor­ge­ge­sichts­punkten erlassenen Schutzmaßnahmen für Leib und Leben nicht gebunden fühle und sich dieser Gemein­wohl­ver­pflichtung nicht unterwerfen wolle. Hierdurch habe sie sich im hohen Maße treuwidrig verhalten. Angesichts des im Laufe des Verfahrens zutage getretenen unbelehrbaren Persön­lich­keits­bildes der Beamtin stehe auch zukünftig ein pflichtgemäßes Verhalten nicht zu erwarten, sodass eine Entfernung aus dem Dienst geboten sei. Gegen die Entscheidung steht den Beteiligten innerhalb eines Monats die Berufung an das Oberver­wal­tungs­gericht Rheinland-Pfalz zu.

Quelle: Verwaltungsgericht Trier, ra-online (pm/ab)

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