14.11.2024
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Dokument-Nr. 4642

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Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss24.07.2007

Vermittlung von Sportwetten: Verwal­tungs­gericht legt Frage dem Europäischen Gerichtshof vorDeutsches Lotterierecht mit europäischem Recht unvereinbar?

Das Verwal­tungs­gericht Stuttgart hat in einem Verfahren bezüglich der Untersagung der Vermittlung von Sportwetten den Rechtsstreit zur Klärung europa­recht­licher Rechtfragen dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt.

Die Klägerin ist Mieterin eines Geschäftslokals für Sportwetten in Stuttgart, das sie an eine GmbH untervermietet hat. Die GmbH ihrerseits leitet die Wettaufträge der Kunden online an eine Firma in Gibraltar weiter, die Inhaberin einer Lizenz der Regierung von Gibraltar ist, mit der ihr unter anderem die Veranstaltung von Sportwetten erlaubt wird. Das Regie­rungs­prä­sidium Karlsruhe untersagte der Klägerin im November 2006, in Baden-Württemberg Sportwetten zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen. Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Verwal­tungs­gericht.

Gericht hat Zweifel an Vereinbarkeit des deutschen Lotte­rie­staats­vertrags mit europäischen Gemein­schaftsrecht

Nach der Vorla­ge­be­gründung geht die 4. Kammer unter Vorsitz von Michael Funke-Kaiser davon aus, dass die durch den EG-Vertrag garantierten Dienstleistungs- und Nieder­las­sungs­frei­heiten (Art. 43 und 49 EG-Vertrag) einem staatlichen Monopol auf bestimmte Glücksspiele wie Sportwetten und Lotterien, wie es derzeit in Deutschland existiert, entgegenstehen. Die Kammer hat grundlegende Zweifel daran, dass die hier anzuwendenden Vorschriften des Lotte­rie­staats­ver­trages mit europäischem Gemein­schaftsrecht vereinbar sind. Es spreche alles dafür, dass diese Vorschriften sich als unzulässige Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des Dienst­leis­tungs­verkehrs darstellten. Derzeit werde in Deutschland den europa­recht­lichen Vorgaben nicht ausreichend Rechnung getragen.

Dienstleistungs- und Nieder­las­sungs­freiheit beschränkt?

Insbesondere könne eine noch zulässige Begrenzung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nur dann bejaht werden, wenn die Glückspiel- und Wetttätigkeit kohärent und systematisch begrenzt werde. Dies könne nur dann der Fall sein, wenn der Gesetzgeber nicht nur die Sportwetten, sondern auch alle sonstigen vielfältigen Formen des Glückspiels bewertend in den Blick nehme und sodann nach Maßgabe des jeweils ermittelten Gefährdungs- bzw. Suchtpotentials auch einschreite. Dies sei in Deutschland bei Geldspiel­au­tomaten und beim Casinobetrieb jedoch nicht der Fall. So seien etwa 80 von Hundert der pathologisch Spielsüchtigen an gewerblichen Geldspiel­geräten in Spielhallen und Gaststätten aktiv. Dennoch habe der Gesetzgeber seit Anfang 2006 die Spiele­ver­ordnung in einer Weise geändert, dass verschiedene suchtrelevante Begrenzungen beim Geldspiel­au­to­ma­ten­betrieb sogar gelockert worden seien. An einer systematischen und kohärenten Begren­zungs­politik fehle es auch deshalb, weil das staatliche Monopol in der Bundesrepublik bis heute in erheblichem Umfang werbend auftrete, was insbesondere die Ausspielungen mit dem sog. „Jackpot“ zeigten.

Hinweis:

Die 4. und 3./18. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Stuttgart beabsichtigen, die anhängigen ca. 170 Verfahren in Sachen Sportwetten auszusetzen, bis der EuGH über das obige Vorab­ent­schei­dungs­er­suchen entschieden hat.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 03.08.2007

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