15.11.2024
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Dokument-Nr. 2945

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Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss18.08.2006

VfB Stuttgart darf weiter für betandwin werbenEilantrag des Fußball-Clubs gegen das Werbeverbot für Sportwetten-Vermittler stattgegeben

Betandwin (bwin) e.K. ist Vermittler für die von der Firma BAW International Ltd. (betandwin international), Gibraltar, veranstalteten Sportwetten. Diese Tätigkeit wurde bwin vom Regie­rungs­prä­sidium Chemnitz am 10.08.2006 unter Anordnung des Sofortvollzugs untersagt. Betandwin e.K. ist Sponsor des VfB und hat nach dem Sponso­ren­vertrag das Recht, auf Werbeflächen und in anderen Medien des VfB Werbung für seine Produkte und Dienst­leis­tungen unterzubringen.

Dies untersagte ihm das Regie­rungs­prä­sidiums Karlsruhe mit Verfügung vom 10.08.2006, weil es sich um Werbung für unerlaubte Sportwetten handle. Dem VfB wurde unter Anordnung der sofortigen Vollziehung aufgegeben, jegliche Werbung für die Firma betandwin e.K. bzw. deren Sport­wet­t­an­gebote oder für andere in Baden-Württemberg nicht zugelassene Sportwetten zu unterlassen.

Die 4. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts führte aus:

Es bestünden erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung des Regie­rungs­prä­sidiums Karlsruhe. Die Tätigkeit von betandwin e.K., für die der VfB werbe, sei nach einfachem Gesetzesrecht zwar illegal, da nach der Untersagung durch das Regie­rungs­prä­sidium Chemnitz bundesweit keine Erlaubnis dafür bestehe und sie gegen das gesetzliche Monopol für Sportwetten verstoße. Die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Unter­sa­gungs­ver­fügung ergäben sich aber im Hinblick auf die Geltung der vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht in seinem Urteil vom 28.03.2006 eingeräumten Überg­angs­re­gelung unter dem Aspekt der europarechtlich gewährleisteten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Ebenso wie die 18. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Stuttgart (Beschluss vom 27.07.2006 - 18 K 2636/06 -) habe auch die 4. Kammer erhebliche Bedenken an der Berechtigung der Gerichte der EU-Mitgliedstaaten, Voraussetzungen und Dauer einer europa­recht­lichen Überg­angs­re­gelung zur befristeten Aufrecht­er­haltung des staatlichen Glück­s­piel­mo­nopols jeweils im Einzelfall - und möglicherweise unterschiedlich - festzulegen.

Die Einschätzung des Verwal­tungs­ge­richtshofs Baden-Württemberg, das vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht angeordnete Übergangsrecht stehe im Einklang mit den Vorgaben des EG-Vertrages, könne die 4. Kammer nicht nachvollziehen. Auch das Bundes­ver­fas­sungs­gericht habe in seinem Urteil verlangt, „unverzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettlei­den­schaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung seines Monopols andererseits herzustellen.“ Dies bedeute aber, dass zumindest anfänglich die Rechtslage und -praxis nicht mit Verfassungs- und Europarecht in Einklang stehe, sondern durch eine Änderung der Zielrichtung allmählich angeglichen werden solle. Die Diskrepanz der Rechtslage zu den garantierten Grundfreiheiten bleibe also bestehen. Die genannten Zweifel hätten bei der im vorliegenden Eilverfahren zu treffenden Inter­es­se­n­ab­wägung erhebliches Gewicht. Auch die wirtschaft­lichen Interessen des VfB seien von erheblicher Bedeutung. Wie der Presse zu entnehmen gewesen sei, betrage das Entgelt des Sponsors für die Werbung 800.000 € pro Saison. Dieser fest eingeplante Betrag ginge dem VfB weitgehend verloren, würde er, wie es die Verfügung des Regie­rungs­prä­sidiums Karlsruhe verlange, zur sofortigen Kündigung gezwungen, da sich ein Ersatzsponsor sicher nicht sofort und in der laufenden Bundes­li­ga­saison wohl kaum mit einem vergleichbaren Zuschussbetrag finden lassen werde. Zudem sei gerade bei einer weiter unsicheren Rechtslage und am Beginn einer Übergangszeit, in der ein verfas­sungs­widriger Rechtszustand hingenommen werde, ein Sofortvollzug unangebracht. Dadurch würde der nur für kurze Zeit hinnehmbare, mit höherrangigem Recht nicht vereinbare Rechtszustand in seiner Auswirkung verschärft.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 21.08.2006

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