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Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil19.06.2013
Denkmalschutz steht neuen Fenstern in ehemaliger Fabrikantenvilla nicht entgegenErscheinungsbild der Villa wird durch nachgebaute historische Holzfenster nicht erheblich beeinträchtigt
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Stadt Reutlingen dazu verurteilt eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung für den Einbau nachgebauter historischer Holzfenster in die Fronten einer ehemaligen Fabrikantenvilla in der Planie in Reutlingen zu erteilen.
Die ehemalige Fabrikantenvilla des zugrunde liegenden Streitfalls in der Planie in Reutlingen ist in die Liste der Kulturdenkmale des Landesdenkmalamts Baden-Württemberg eingetragen. Nach der dortigen Beschreibung vertritt das 1892 errichtete Gebäude in bezeichnender Weise die baulichen Ansprüche des vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wirtschaftlich erstarkten Reutlinger Bürgertums. Die anspruchsvolle Villa sei aufgrund ihrer architekturgeschichtlichen und stadtgeschichtlichen Aussagekraft zusammen mit dem umgebenden Garten und seiner aufwendigen Einfriedung trotz später erfolgter Veränderungen ein Kulturdenkmal aus wissenschaftlichen, künstlerischen und heimatgeschichtlichen Gründen.
Kläger beantragen denkmalschutzrechtliche Genehmigung für Austausch der Fenster
Weil die Wetterschenkel der Fenster aus der Erbauerzeit verfault und die Rahmen um bis zu 20 mm verzogen seien, so dass es hereinregne, beantragte der Kläger die denkmalschutzrechtliche Genehmigung für den Austausch der Fenster. Bei deren Reparatur habe sich gezeigt, dass es technisch nicht möglich sei, Dichtungen einzubauen. Bei einer Reparatur seien weder schall- noch wasserdichte Fenster zu bekommen.
Stadt lehnt Genehmigung zum Austausch der Fenster wegen Zumutbarkeit des Erhalts der bauzeitlichen Fenster ab
Die beklagte Stadt Reutlingen und das Regierungspräsidium Tübingen als Widerspruchsbehörde hielten die Erhaltung der bauzeitlichen Fenster für zumutbar und lehnten die Genehmigung zum Austausch der Fenster ab. Es handele sich um sehr qualitätsvolle, gut erhaltene Fenster, die wertbildend für die Denkmalbedeutung des Objekts und selten geworden seien. Dass die Kosten für die Erhaltung höher sein dürften als die Anfertigung neuer Fenster sei nicht entscheidend. Bei der Zumutbarkeit sei das Denkmal in seiner Gesamtheit zu betrachten, nicht nur das Einzelgewerk.
Optik der Fenster würde sich auch bei einer Renovierung nachteilig verändern
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen verpflichtete die Stadt Reutlingen hingegen, den Einbau nachgebauter historischer Holzfenster zuzulassen, weil dadurch das Erscheinungsbild der Villa nicht erheblich beeinträchtigt werde. Dazu führt es näher aus, in der Begründung für die Einstufung der Villa als Kulturdenkmal würden die streitigen Holzfenster nicht eigens erwähnt. Sie hätten daher für den Denkmalwert des Gebäudes keine herausgehobene Bedeutung. Bei einer Renovierung könne zwar die Holzsubstanz der vorhandenen Fenster weitgehend erhalten werden, die Optik der Fenster verändere sich jedoch auch bei einer Renovierung nachteilig. Wenn die Austauschfenster so hergestellt würden, dass sie der äußeren Gestalt nach den noch vorhandenen Fenster weitgehend glichen, wirke sich der Austausch nicht erheblich nachteilig aus. Daher müssten sie aus Holz gefertigt werden, die Einteilung in zwei Flügel mit einem Oberlicht sei, wie die Proportionen von Oberlicht und Fensterflügeln, beizubehalten, der Wetterschenkel sei am Fensterflügel direkt anzubringen. Die Fensterflügel dürften auch nicht mit Sprossen versehen sein. Ferner seien die Bleiverglasungen in die neuen Fenster zu übernehmen und müssten die Profilierungen den bauzeitlichen Fenstern entsprechen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 30.07.2013
Quelle: Verwaltungsgericht Sigmaringen/ra-online
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