21.11.2024
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Verwaltungsgericht Osnabrück Beschluss04.03.2021

Verwaltungsgericht Osnabrück Beschluss05.03.2021

Kein Anspruch auf unverzügliche Corona-Schutzimpfung für zwei schwer erkrankte über SiebzigjährigeEilantrag auf höhere Priorisierung für Corona-Impfung abgelehnt

Das Verwal­tungs­gericht Osnabrück hat die Anträge zweier Antragsteller, die im Wege der einstweiligen Anordnung eine unverzügliche Impfung gegen das Coronavirus erreichen wollten, abgelehnt.

Ein Antragsteller ist 70 Jahre alt, schwerbehindert und krebskrank und muss sich seinen Angaben zufolge zeitnah einer Operation unterziehen, um eine Metastasierung zu vermeiden. Eine Antragstellerin ist 74 Jahre alt, leidet ebenfalls an einer Krebserkrankung und soll kurzfristig eine Chemotherapie beginnen. Nach der aktuell geltenden Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Impfverordnung - CoronaImpfV) in der Fassung vom 8. Februar 2021 fallen beide trotz ihrer Vorerkrankungen nicht in die Personengruppe, die mit höchster Priorität einen Anspruch auf eine Schutzimpfung hat (§ 2 CoronaImpfV), sondern in die zweite Gruppe, d.h. in die Gruppe der Personen mit hoher Priorität (§ 3 CoronaImpfV). Sie machen geltend, sie seien jeweils als Härtefall prioritär zu impfen.

VG verneint Anspruch unverzügliche Impfung

Nach Auffassung des VG ist die Corona-Impfverordnung zwar wegen eines Verstoßes gegen den so genannten Parla­ments­vor­behalt verfas­sungs­widrig und damit nichtig. Nicht der Verord­nungsgeber als Exekutive, sondern der parla­men­ta­rische Gesetzgeber hätte die Verteilung der Impfstoffe aufgrund des damit verbundenen Eingriffs in die Grundrechte der Bevölkerung durch ein Gesetz regeln müssen. Die Antragsteller hätten jedoch gleichwohl keinen Anspruch auf eine unverzügliche Impfung und Einstufung in die Gruppe der mit höchster Priorität zu Impfenden.

Begehrte Priorisierung kann nicht aus Grundrecht hergeleitet werden

Der Verord­nungsgeber habe die Verteilung des nur begrenzt verfügbaren Impfstoffes unter Beachtung verfas­sungs­recht­licher Grundsätze zu organisieren. Die von den Antragstellern geltend gemachten Grundrechte aus Artikel 2 Absatz 2 (Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit) und aus Artikel 3 Absatz 1 (Gleich­be­hand­lungs­grundsatz) des Grundgesetzes seien nicht verletzt und vermittelten keinen Anspruch auf die begehrte Priorisierung. Unabhängig von der Wirksamkeit der Verordnung bestünden nämlich gegen die darin getroffene Priori­sie­rungs­ent­scheidung keine rechtlichen Bedenken.

Priorisierung als Härtefall in erste Gruppe nicht vorgesehen

Härtefälle würden durch eine Ausweitung der zweiten und dritten Gruppe (hohe Priorität und erhöhte Priorität) erfasst. Beide Gruppen seien durch eine Regelung für nicht ausdrücklich genannte medizinischer Härtefälle, bei denen ein erhöhtes, hohes oder sehr hohes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krank­heits­verlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 bestehe, erweitert worden. Eine Priorisierung als Härtefall in die erste Gruppe (höchste Priorität) sehe die Verordnung zwar nicht vor. Verfas­sungs­rechtliche Schutzpflichten würden dadurch aber auch unter Berück­sich­tigung der Krebs­er­kran­kungen der Antragsteller nicht verletzt, zumal sie jeweils in die Gruppe mit hoher Priorität (zweite Gruppe) fielen. Die vorgenommene Einordnung bestimmter Personengruppen in die höchste Prioritätsstufe sei durch Sachgründe gerechtfertigt. Sie stehe im Einklang mit der Empfehlung der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO), die auch berücksichtige, dass für die Altersgruppe ab 65 Jahren derzeit nur zwei Impfstoffe (BioNtech/Pfizer und Moderna) empfohlen würden, die zudem nur begrenzt verfügbar seien.

Keine ungerecht­fertigte Ungleich­be­handlung wegen Bevorzugung von Pflegekräften

Es stelle auch keine Bevorzugung von Heimbewohnern bei Corona-Impfung rechtens, dass Pflegekräfte in Alten- und Pflegeheimen unabhängig von Alter und etwaigen Vorerkrankungen in die höchste Prioritätsstufe fielen. Bei diesen gehe es nicht um deren individuellen Gesund­heits­schutz, sondern vielmehr darum, die Funkti­o­ns­fä­higkeit des medizinischen Versor­gungs­systems zu erhalten und (mittelbar) die Bewohner und Patienten zu schützen. Die vorrangige Impfung von über Achtzigjährigen sei gerechtfertigt, weil nach bisherigen Erkenntnissen zu dem Verlauf einer Covid-19-Erkrankung das zunehmende Alter der entscheidende Risikofaktor für einen schweren bis tödlichen Verlauf der Erkrankung sei.

Quelle: Verwaltungsgericht Osnabrück, ra-online (pm/ab)

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