13.12.2024
13.12.2024  
Sie sehen einen eurasischen Wolf in einem Wald.

Dokument-Nr. 34578

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Verwaltungsgericht Oldenburg Beschluss18.11.2024

Genehmigung für Abschuss eines Wolfes, der Nutztiere gerissen hat, vorläufig gestopptVG Oldenburg gibt Eilantrag gegen Ausnah­me­ge­neh­migung für die letale Entnahme eines Wolfes im Landkreis Leer statt

Die 5. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Oldenburg hat einem vorläufigen Rechts­schutz­antrag der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe e.V. stattgegeben. Demnach darf ein Wolf im Landkreis Leer nunmehr nicht abgeschossen werden.

Hintergrund des Verfahrens waren mehrere Rissereignisse in der Gemeinde Jemgum im Zeitraum von Mai bis Oktober 2024, bei denen insgesamt sechs Rinder und rund 14 Schafe durch einen Wolf getötet wurden.

Wolf ist streng geschützt

Mit Bescheid vom 8. November 2024 erließ der Landkreis Leer auf Grundlage von § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4 des Bundes­na­tur­schutz­ge­setzes (BNatSchG) eine für sofort vollziehbar erklärte Ausnah­me­ge­neh­migung für die zielgerichtete letale Entnahme eines Individuums der streng geschützten Tierart Wolf (Canis lupus) aus der Natur.

Gegen diese Ausnah­me­ge­neh­migung hat die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe e.V. Widerspruch eingelegt. Das Gericht hat mit dem o.g. Beschluss die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wieder­her­ge­stellt, weil sich die angefochtene Ausnah­me­ge­neh­migung bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich als rechtswidrig erweist. Der Landkreis Leer hat seine Genehmigung unter Bezugnahme auf das von der 101. Umwelt­mi­nis­ter­kon­ferenz beschlossene "Schnell­ab­schuss­ver­fahren" auf die Tatbe­stands­va­riante des § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 Var. 1 BNatSchG (Abwendung ernster landwirt­schaft­licher Schäden) gestützt. Konkret gestattet die Ausnah­me­ge­neh­migung zeitlich befristet den Abschuss eines Wolfs innerhalb eines Radius vom 1.000 m um das letzte Rissereignis innerhalb der Gemeinde Jemgum. Der Landkreis hat darauf verzichtet, die Ausnah­me­ge­neh­migung auf den schadens­ver­ur­sa­chenden Wolf zu beziehen. Nach Auffassung des Gerichts liegen die tatbe­stand­lichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 7 Satz 1 BNatSchG, der als Ausnah­me­vor­schrift vom allgemeinen arten­schutz­recht­lichen Tötungsverbot streng geschützter Tierarten aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG eng auszulegen ist, nach summarischer Prüfung nicht vor.

Schnell­ab­schuss­ver­fahren genügt nicht den Anforderungen des BNatSchG

Insoweit vertritt das Gericht die Ansicht, dass das Schnell­ab­schuss­ver­fahren nicht den Anforderungen des BNatSchG und den entsprechenden europa­recht­lichen Vorgaben genügt, da es prinzipiell den Abschuss jedes im Umkreis des letzten Rissereignisses befindlichen Wolfes ermöglicht und damit auch solchen, die weder selbst schadens­ver­ur­sachend sind oder auch nur dem schadens­ver­ur­sa­chenden Rudel angehören.

Unabhängig davon begegnet die von § 45 Abs. 7 S. 1 BNatSchG vorausgesetzte Gefah­ren­prognose im konkreten Fall rechtlichen Bedenken. Nach Auffassung der Kammer erfordert die auf Gefahren durch Wolfsrisse gestützte Gefah­ren­prognose, dass die zuvor ereigneten Rissereignisse den Schluss zulassen, dass bei dem Wolf, dessen Tötung genehmigt wird, der Angriff auf die betroffenen Nutztiere als erlerntes und gefestigtes Jagdverhalten anzusehen ist. Das verbietet es, Rissereignisse in die Schaden­s­prognose einzubeziehen, bei denen ein Mindestschutz nicht vorhanden war. Diesen Anforderungen genügte die angestellte Schaden­s­prognose in der Ausnah­me­ge­neh­migung nicht. Vielmehr hat der Landkreis die seiner Ausnah­me­ge­neh­migung zu Grunde liegende Schaden­s­prognose ausschließlich auf Rissereignisse gestützt, bei denen ein Mindestmaß an wolfs­ab­wei­sendem Schutz nicht vorhanden war.

Auch ist die Kammer der Auffassung, dass in der Ausnah­me­ge­neh­migung nicht ausreichend begründet und nachgewiesen worden ist, dass es zum Abschuss des Wolfes keine zumutbaren Alternativen gemäß § 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG gebe, wie z.B. die Errichtung mobiler Zäune. Der Beschluss ist nicht rechtskräftig.

Der Landkreis Leer kann Beschwerde beim Nieder­säch­sischen Oberver­wal­tungs­gericht einlegen.

Quelle: VG Oldenburg, ra-online (pm/pt)

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