23.11.2024
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Dokument-Nr. 29610

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Verwaltungsgericht Neustadt Beschluss10.12.2020

Zur „Zimmer­ver­mietung“ umgestaltete Prosti­tu­ti­o­ns­stätte zu Recht geschlossenVG präzisiert den Begriff des "Prostitutions­gewerbe"

Die Stadt Speyer hat gegenüber den Betreibern einer zur "Zimmer­ver­mietung" umgestalteten Prosti­tu­ti­o­ns­stätte zu Recht eine Nutzungs­un­ter­sagung ausgesprochen. Das hat das Verwal­tungs­gericht Neustadt/Wstr. entschieden.

Die Antragsteller betreiben seit längerem in Speyer eine Prostitutionsstätte. Nachdem seit

In-Kraft-Treten der 13. Corona-Bekämp­fungs­ver­ordnung Rheinland-Pfalz im November 2020 der Betrieb von Prosti­tu­ti­o­ns­s­tätten wieder untersagt ist, veränderten die Antragsteller ihr Geschäftsmodell nach eigenen Angaben wie folgt: Nunmehr würden in acht von zehn vorhandenen Räumen eine private Zimmervermietung betrieben. An der Eingangstür der Liegenschaft finde sich der Hinweis, dass die Prosti­tu­ti­o­ns­stätte geschlossen sei; daneben gebe es einen Hinweis auf das Vorhandensein einer privaten Zimmer­ver­mietung mit der Bezeichnung "Schweden-Hostel".

Nutzung der Zimmer nicht im Einflussbereich des Unternehmens

Besucher der privaten Zimmer­ver­mietung würden von der Rezeption gefragt, ob ein Zimmer für touristische Zwecke angemietet werden solle. Nach Verneinung der Frage werde der Gast gebeten, seine Adressdaten sowie Handynummer und den Zeitpunkt der Inanspruchnahme eines Zimmers in einem standa­r­di­sierten Kontaktformular leserlich anzugeben. Im Anschluss werde dem Gast ein Zimmer zugewiesen. Ob die Mieter der zur Verfügung gestellten Zimmer in den Räumlichkeiten prostitutive Leistungen in Anspruch nähmen, sei nicht bekannt. Dies liege außerhalb des Einfluss­be­reichs des Unternehmens und sei allein Angelegenheit der Zimmermieter.

Stadt untersagte Zimmer­ver­mietung

Seit dem 2. November 2020 sei in keinem einzelnen Fall ein Zimmer an Damen zur Ausübung der Prostitution vermietet worden. Das Unternehmen stelle den Damen lediglich Ruheräume für ein tägliches Entgelt in Höhe von 10 € zur Verfügung. Zahlungen für die übrigen Räumlichkeiten erfolgten ausschließlich durch den jeweiligen Mieter und nicht durch die Damen. Nachdem die Stadt Speyer in dem Anwesen Kontrollen durchgeführt hatte, untersagte sie den Antragstellern mit Bescheiden vom 27. November 2020 den Betrieb des Anwesens für Prosti­tu­ti­o­ns­zwecke mit der Begründung, nach Würdigung der Verhältnisse vor Ort werde nach wie vor ein Bordell betrieben. Die Antragsteller legten dagegen Widerspruch ein und wandten sich an das Verwal­tungs­gericht mit der Begründung, sie betrieben lediglich eine private Zimmer­ver­mietung. Von der tatsächlichen Nutzung der Zimmer hätten sie keine Kenntnis.

Begriff "Prosti­tu­ti­o­ns­gewerbe" gilt als Oberbegriff für alle Betriebsarten und Geschäfts­modelle gewerblicher Tätigkeiten

Das VG hat den Eilantrag der Antragsteller abgelehnt: Nach der derzeit geltenden 13. Corona-Bekämp­fungs­ver­ordnung Rheinland-Pfalz sei der Betrieb von Prosti­tu­ti­o­ns­s­tätten untersagt. Der Begriff "Prosti­tu­ti­o­ns­gewerbe" werde als Oberbegriff für alle Betriebsarten und Geschäfts­modelle gewerblicher Tätigkeit verstanden, wozu auch das bloße Bereitstellen einer räumlichen Infrastruktur für sexuelle Dienst­leis­tungen zähle. Es komme darauf an, dass der Betreiber die Nutzung des Betriebs maßgeblich steuere und damit einen wirtschaft­lichen Nutzen aus der Prostitution anderer ziehe. Die Einordnung als Prosti­tu­ti­o­ns­stätte gelte unabhängig davon, ob die Einheit zugleich auch zum Zwecke des Wohnens oder Schlafens genutzt werde, sofern die Bereitstellung jedenfalls auch gezielt zur Ausübung der Prostitution erfolge. Nicht entscheidend sei, wie das Rechts- bzw. Mietverhältnis zwischen Betreiber und Nutzerin ausgestaltet sei.

Behauptung der Unkenntnis zur Zimmer­ver­mietung als abwegig bezeichnet

Hiervon ausgehend könnten keine ernsthaften Zweifel daran bestehen, dass die Räume in dem Anwesen der Antragsteller in Speyer, die stundenweise an Dritte vermietet würden, als Betriebsstätte zur Erbringung sexueller Dienst­leis­tungen genutzt würden. Daran ändere die formale Schließung des Bordells zugunsten einer angeblichen privaten Zimmer­ver­mietung für den nicht touristischen Reiseverkehr nichts; ebenso wenig das vertragliche Konstrukt, welches die Antragsteller gewählt hätten. Deren Behauptung, es sei ihnen nicht bekannt, ob die Mieter der zur Verfügung gestellten Zimmer in den Räumlichkeiten prostitutive Leistungen in Anspruch nähmen, könne nur als abwegig bezeichnet werden.

Öffnungsverbot für Prosti­tu­ti­o­ns­s­tätten auch nicht rechtswidrig

Das in der 13. Corona-Bekämp­fungs­ver­ordnung Rheinland-Pfalz geregelte Öffnungsverbot für Prosti­tu­ti­o­ns­s­tätten erweise sich auch nicht als rechtswidrig. Das Verbot füge sich - da die Schließung der Freizeit­ge­staltung zuzuordnende Einrichtungen betreffe, in denen es gerade bei den hier streit­ge­gen­ständ­lichen Prosti­tu­ti­o­ns­s­tätten zwangsläufig zu direkten körperlichen und damit auch potentiell infektiösen Kontakten komme - in das vom Verord­nungsgeber in Wahrnehmung seines Beurteilungs- und Progno­se­spielraums aufgestellte Gesamtkonzept schlüssig ein.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt, ra-online (pm/ab)

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