21.11.2024
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Dokument-Nr. 30362

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Verwaltungsgericht Neustadt Beschluss25.05.2021

Klärschlamm­trocknungs­anlage in Pirmasens-Fehrbach: Verwal­tungs­gericht bestätigt behördliche Betrie­bs­un­ter­sagungVG Neustadt lehnt Eilantrag ab

Das Verwal­tungs­gericht Neustadt an der Weinstraße hat in einem Eilverfahren den Antrag der Betreiberin einer Klärschlamm­trocknungs­anlage in Pirmasens-Fehrbach abgelehnt. Diese wandte sich gegen eine Entscheidung der Struktur- und Genehmigungs­direktion Süd (SGD Süd), die den Betrieb der Anlage mit sofortiger Wirkung untersagt hat.

Die Klärschlammtrocknungsanlage wurde im August 2014 von der SGD Süd immis­si­ons­schutz­rechtlich genehmigt. Die Genehmigung schreibt in der Nebenbestimmung - NB - 5.1.1 u.a. vor, dass im Abgas der Quelle K 002 (Brüdenabluft) und der Quelle K 003 (Bunkerabluft) für geruch­s­in­tensive Stoffe ein Emissionsgrenzwert von 500 GE/m³ (GE=Geruch­s­ein­heiten) nicht überschritten werden darf. Brüdenabluft ist die Abluft, die bei der Trocknung des Klärschlamms entsteht. Nach den Planunterlagen, die der Genehmigung zugrunde lagen, sollte Brüden- und Bunkerabluft durch Fotoo­xi­da­ti­o­ns­anlagen gereinigt und dadurch weitgehend geruchsfrei emittiert werden. Nach Beginn des Probebetriebs im Dezember 2015 kam es jedoch zu zahlreichen Geruchs­be­schwerden, die zu vielen mehrtägigen Anlage­still­ständen führten. Im August 2016 teilte die Betreiberin der SGD Süd dann mit, dass sie statt der Fotooxidation die Installation einer thermischen Nachverbrennung - TNV - der Brüdenabluft in einem Thermalölkessel beabsichtige. Als Grund hierfür nannte sie die - trotz einer Erweiterung - zu schwach dimensionierte Fotooxidation und den dadurch erforderlichen häufigen, aber unwirt­schaft­lichen Austausch der Aktivkohle im Filter. Auch in der Folgezeit kam es zu vielen Geruchs­be­schwerden, die überwiegend Gestank aus dem Abwasserkanal betrafen. Die Anlage war daher vom 21. Dezember 2016 bis 14. Oktober 2019 außer Betrieb, um die Abwas­ser­probleme durch den Bau einer Ammoni­akstrip­pungs­anlage zu beseitigen.

Angeordnete sofortige Stilllegung der Anlage wegen nicht genehmigter Abluf­t­rei­ni­gungs­anlage

Im Januar und März 2020 führte das Institut Fresenius Geruch­s­e­mis­si­ons­mes­sungen durch. Während die Abluft des Schlammbunkers eine Geruchss­toff­kon­zen­tration von nur 33 GE/m³ aufwies, ergab die Messung der Abluft der TNV eine Konzentration geruch­s­in­tensiver Stoffe von 2593 GE/m³. Im Jahr 2020 verlief der Betrieb der Anlage ebenfalls weder störungs- noch beschwerdefrei. Auch danach wurden etliche Geruchs­be­läs­ti­gungen durch die Nachbarschaft gemeldet. Ab dem 19. Februar 2021 kam es dann über mehrere Tage hinweg zu massiven Beschwerden über den von der Anlage ausgehenden Gestank. Dabei wurde auch festgestellt, dass die Abluft der Anlage über eine neue, nicht genehmigte Abluf­t­rei­ni­gungs­anlage, die sog. "optionale Geruchs­neu­tra­li­sation", abgeführt wurde. Mit Bescheid vom 24. Februar 2021 untersagte die SGD Süd ab sofort den Betrieb der Anlage, wobei eine Wieder­in­be­triebnahme erst nach Vorlage einer aktualisierten Geruch­s­im­mis­si­ons­prognose sowie nach Genehmigung und Installation zusätzlicher Abgas­rei­ni­gungs­ein­rich­tungen, die eine ausreichende Geruchs­min­derung herbeiführen, zulässig sein soll. Für den Fall, dass der Stilllegung nicht nachgekommen wird, drohte sie ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,- € an und ordnete zudem die sofortige Vollziehung der immis­si­ons­schutz­recht­lichen Verfügung an. Die Betreiberin legte hiergegen Widerspruch ein und wandte sich wegen der angeordneten sofortigen Vollziehung an das Verwal­tungs­gericht.

Verstoß gegen Emissi­ons­grenzwert trotz Änderungen

Ihr Antrag auf Gewährung gerichtlichen Eilrechts­schutzes blieb ohne Erfolg: Die von der SGD Süd verfügte Stilllegung sei rechtmäßig, weil die Betreiberin gegen die zu Recht in die Genehmigung aufgenommene Nebenbestimmung betr. den Emissi­ons­grenzwert verstoßen habe. Die Anlage emittiere im Abgas, das von der Quelle K 002 (Brüdenabluft) stamme, geruch­s­in­tensive Stoffe mit einer Geruchss­toff­kon­zen­tration von deutlich mehr als 500 GE/m³. Nach den Planungs­un­terlagen, die dem Geneh­mi­gungs­be­scheid vom 8. August 2014 zugrunde lägen, hätte die Anlage die maximale Geruch­s­toff­kon­zen­tration im Abgas von 500 GE/m³ deutlich unterschreiten sollen, weil die Bunker- und die Brüdenabluft durch Fotoo­xi­da­ti­o­ns­anlagen hätte gereinigt und dadurch weitgehend geruchsfrei hätte emittiert werden sollen. Diese Annahmen hätten sich jedoch schon im Probebetrieb für die Brüdenabluft in keiner Weise bestätigt. Vielmehr sei man schon im August 2016 zu der Erkenntnis gekommen, dass die Fotooxidation nicht ausreiche, um erhebliche Geruchs­be­läs­ti­gungen durch die Brüdenabluft zu vermeiden, weshalb sich die Betreiberin entschlossen habe, die Brüdenabluft statt der Fotoo­xi­da­ti­o­ns­anlage einer thermischen Nachverbrennung (TNV) in einem bereits vorhandenen Thermalölkessel zuzuführen. Diese Änderung habe jedoch nicht dazu geführt, dass im Abgas der Anlage der Emissi­ons­grenzwert für geruch­s­in­tensive Stoffe von 500 GE/m³ eingehalten werde. So habe eine olfaktorische Messung, die in Nr. 5.3.2.5 der TA Luft vorgeschrieben sei und am 29. Januar 2020 durch das Institut Fresenius erfolgt sei, im Abgas des Thermalkessels, über den die Brüdenabluft nun abgeleitet worden sei, eine Konzentration geruch­s­in­tensiver Stoffe von 2593 GE/m³ ergeben.

Betrieb der Anlage in wesentlich geänderter Form geneh­mi­gungs­pflichtig

Die Still­le­gungs­ver­fügung sei zudem auch deshalb rechtmäßig, weil nach dem Bundes-Immis­si­ons­schutz­gesetz die zuständige Behörde die Stilllegung einer Anlage anordnen solle, wenn sie ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert werde. Dies sei der Fall, denn die Antragstellerin habe bis zur Betriebsuntersagung Abgase über eine nicht genehmigte Abluft­be­hand­lungs­anlage, die sog. "optionale Geruchs­neu­tra­li­sation", abgeführt und damit die Anlage ohne die erforderliche Genehmigung in wesentlich geänderter Form betrieben. Zum Schutz der Anwohner vor massiven Geruchs­be­läs­ti­gungen sei die SGD Süd daher gehalten gewesen, die ohne die erforderliche Genehmigung in wesentlich geänderter Form betriebene Anlage stillzulegen.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt, ra-online (pm/aw)

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